Against Me! – Transgender Dysphoria Blues

von am 23. Januar 2014 in Album

Against Me! – Transgender Dysphoria Blues

Tom Gabel ist jetzt Laura Jane Grace, Against Me! bleiben Against Me!. Besser noch sogar: Endlich hat diese Band wieder mehr Feuer unterm Hintern. Transgender Dysphoria Blues zeigt jedenfalls mehr Eier, als jede andere Platte der Band seit gut und gerne einem Jahrzehnt.

Hiermit sind die Tage des mal ganz ordentlichen (‚New Wave‘), vor allem aber eindruckslos hinterlassenden handzahmen Stadionrock (‚White Crosses‚) der letzten Jahre hoffentlich vorbei – geblieben ist höchstens das ausformulierte Verlangen nach knackig-gezähmten, infektiösen Pop-Melodien. In der nahtlosen Aneinanderreihung von Hooklines und Hits mag Laura Jane Grace dabei hier und da auch diesmal übers Ziel hinausschießen – das befreit aufspielende ‚Unconditional Love‚ rezitiert sich mit gut gelaunten Backinshouts etwas zu weit ins glitschige Territorium von Green Day, ‚Dead Friend‚ ginge im Refrain gut und gerne auch als Billy Talent-Demo durch – die atemlose und geradezu unbeschwert aus dem Ärmel geschüttelte Catchiness transferiert die neu formierten Against Me! jedoch ansonsten in einen schmissigen, tighten kleinen Singleereigen, den man Tom Gabel so punkig nicht mehr zutrauen hätte wollen. Die Drums treiben, die Riffs sitzen perfekt, die Band kommt ohne ein Gramm Fett auf den Hüften direkt auf den Punkt.

Nur das entspannt torkelnde ‚Two Coffins‚ folgt der halbakustischen Ausrichtung der vorauseilenden ‚True Trans‚-EP, deren ‚FuckMyLife666‚ und vor allem ‚True Trans Soul Rebel‚ sind im flotteren Gewand sogar noch packender und neben dem Titeltrack mitunter die stärksten Songs der Band seit langem. Die Produktion ist fabelhaft entschlackt, beinahe roh, vor Tatendrang strotzend: musikalisch ist ‚Transgender Dysphoria Blues‚ der erfreuliche Schwenk zurück zu den Energiebomben ‚Is Reinventing Axl Rose‚ und ‚As the Eternal Cowboy‚, zum beißenden Punkrock mit keckem Folkansatz der alten Tage. Das feurige gebrüllte ‚Drinking With The Jocks‚ darf aggressive 107 Sekunden lang sogar am Hardcore schnüffeln, ein wild revidierendes Solo inklusive: in diesem nach vorne gehenden Umfeld zündet die Wut in den Texten am direktesten, weswegen auch klar wird, dass ‚Transgender Dysphoria Blues‚ in Summe doch wieder ein wenig zu brav am bekömmlichen Radioformat der letzten Jahre entlanggestutzt wurde.

Textlich ist ‚Transgender Dysphoria Blues‚ hingegen ein klarer Schritt weiter, ungeachtet der Spitze ‚Obama Bin Laden As The Crucified Christ‚ weg vom gerne politisierenden Schwerpunkt der Vergangenheit hin zum Fokus auf die noch persönlichere Aufarbeitung der Transgender-Thematik, verpackt in direkt vor den Latz geknallte Zeilen ohne Schonung: „You want them to see you / Like they see every other girl / They just see a faggot / They’ll hold their breath not to catch the sick“ singt Grace (stimmlich übrigens natürlich nur marginal abseits von Gabel), oder „You’ve got no cunt in your strut/ You’ve got no hips to shake/ And you know it’s obvious/ But we can’t choose how we’re made„, die Hände zu Fäusten geballt: „I want to piss on the walls of your house / I don’t want to feel that weak and insecure / As if I was your fucking whore„. Das ist durchwegs härter als die musikalische Seite der Platte, soviel Frontalität muss Kraft kosten.
Drei Jahre nach der letzten Studioplatte klingt ‚Transgender Dysphoria Blues‚ jedoch geradezu lässig aus der Hüfte gegroovt: so sehr die nicht einmal 30 Minuten als leidenschaftliches Plädoyer gegen jede Form der Diskriminierung inhaltlich zu knabbern und denken geben, so leichtfüßig marschieren die relativ simpel gestrickten 10 Punk-ROCK-Songs anstandslos und schwer unterhaltsam in die Gehörgänge. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist damit getan, der ‚Transgender Dysphoria Blues‚ bringt Against Me! zurück in die Spur. Der Weg zur ungezähmten Bestform führt jedoch an ein paar Ecken und Kanten mehr vorbei.

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