Aesop Rock – The Impossible Kid

von am 5. August 2016 in Album

Aesop Rock – The Impossible Kid

Sicherlich ist The Impossible Kid auch das weniger gewagte Verwalten einer verinnerlichten Klasse. Mehr aber noch ein über die Hintertür kommendes Feintuning im Detail: Aesop Rock schraubt jedenfalls weiterhin an der Makellosigkeit.

Vor allem relativiert The Impossible Kid das vorangegangene 2012er-Schmankerl Skelethon aber auch ein wenig zum Übergangswerk. Die vielschichtig genormte Wandelbarkeit des sich entlang einiger Ausnahmesongs entlanghandelnden Vorgängers ist vier Jahre später einer ganzheitlichen, noch kohärenteren Stimmung gewichen. Einer über volle Distanz fast schon monoton auslaugenden Homogenität, die den Punch von Ian Matthias Bavitz mit simplizistischer Effektivität in das Scheinwerferlicht schiebt. Wo Aesop Rock als wortgewaltiger Schmied immer schon zu beeindrucken wusste, hat er für The Impossible Kid nun auch seine Produktionsskills noch einmal deutlich nach oben geschraubt und sich selbst einen nahezu formvollendeten, fokussierten Sound auf den Leib geschneidert. Einfallsreiche Beats platzieren sich nun mit organischer Präsenz wuchtig hinter dem weiterhin beispiellos vielseitigen, so bildlich, auch intimer und nahbarer denn je arbeitenden Rapper mit der markanten Stimme und Intonation, Synthesizer und Keyboards hangeln sich lebendig um die autobiographischen, reichhaltigen Wortkaskaden, Gitarren dängeln mit psychedelisch-progressiver Schlagseite, die immer ein wenig an Omar Rodriguez-Lopez denken lassen.
Das siebente Studioalbum des ehemaligen Weathermen hofiert dabei kein unnötiges Gramm Fett, verschwendet keine Sekunde für irrelevanten Bullshit, alles sitzt an seinem Platz: Die knackigen Hooks und der gefinkelte Flow, das zwingende Songwriting und der grandiose Drum-Sound, das retrofuturistische Oldschool-Flair und vor allem eben die Atmosphäre.

So sehr sogar, dass es sich Aesop leisten kann die vorhandene Gästeriege (Hanni El Khatib, Kimya Dawson und Chuck D vor einer Riege Underground-Garanten) beinahe anstandslos in dem in sich geschlossenen Sound zu assimilieren und auf The Impossible Kid nach der bärenstarken ersten Hälfte im letzten Drittel (bis hin zum gar zu unspektakulär abtretenden Closer Molecules)  weitestgehend schaulaufende Ergebnisverwaltung zu betreiben.
Freilich kein Problem, bei nichtsdestotrotz auch hinten raus noch eingeworfenen Trümpfen in der Hinterhand -wie etwa dem dramatischen Water Tower – und mehr noch dem zuvor installierten Qualitätslevel: Das nahtlos verschweißte Gesamtwerk The Impossible Kid hält entlang seiner unbändigen Vitalität, Intensität, Nachdenklichkeit und all dem aufgefahrenen Wortwitz so viele Ideen, schlaue Kniffe und einen ständigen Unterhaltungswert parat, dass ein zwischen allen Auslagen switchender Aesop das Endprodukt in einer nicht gänzlich unansprechbaren Wohlfühlzone von Großtat zu Großtat fließen lässt, in der es so viele Details zu entdecken gibt.

Wo das furios eröffnende Mystery Fish die Stimmung mit zwingender Dichte setzt, schiebt Aesop Rock mit Rings gleich den ersten Ohrwurm hinterher, der größte Hit der Platte wird wohl das schmissige Kirby werden – in alter Rhymesayers-Obsession ist der Katzencontest gegen Run the Jewels jedenfalls wohl eröffnet. Das ebenfalls an El-P gemahnende Lotta Years schmeichelt im zugänglichen Refrain (ja, hin und wieder hat Aesop eben auch diesmal Bock auf sowas) verhuschte Harmoniegesänge um unbändiges Gescratche, Dorks setzt dagegen auf mysteriöse Streicher und ein stur dahinlaufendes, abgedämpftes Riff. Rabies räumt Gitarren dann ohnedies mehr Platz ein, während die Atmosphäre in Carpenter-Gefilde wuchert und 6 mit seinem funky Bass in jazzigen Rhythmen verfällt. Blood Sandwich ist als Ausnahmesong dann eine brüderliche Liebesbekundung, baut sich über ein sphärisches 80er Ambiente auf und hofiert ein warmes analoges Knistern, während Tuff Beatboxer Carnage the Executioner ranlässt. Das alles ist catchy, aber eben auch angenehm eigenwillig, charismatisch und charakterstark.
Maybe no one cares/ Party over here/ I’ll be over there“ spuckt Aesop irgendwann dazwischen mit zynischer Klinge aus, seziert damit die aktuelle Hip Hop-Szene aus der Independent-Nische heraus, mit der Isolation im Hinterkopf, und positioniert sich spätestens zu diesem Zeitpunkt wieder punktgenau als kluge, bissige, frontale Ausnahmeerscheinung des Rap-Zirkus – mit dem vielleicht komplettesten Werk seiner Discografie und dem bisher mitunter stärksten Genre Album des Jahres.

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