Aesop Rock – Bushwick
Aesop Rock wagt mit Bushwick die Probe aufs Exempel: Wieviel ist der instrumentale Soundtrack von jemandem Wert, der primär stets wegen seiner imposanten lyrischen Bandbreite und technischen Rap-Skills gepriesen wird?
Die Antwort lautet: Natürlich so einiges, eh klar. Immerhin ist Ian Matthias Bavitz einerseits spätestens über Skelethon (2012) und The Impossible Kid (2016) auch abseits seines Mundwerks zu einem formvollendeten, autark agierenden Produzenten gewachsen – ein herausragend eigenwilliger Beatbastler war er schon immer. Wie unverkennbar die Handschrift im Sound des New Yorker ist, führt Bushwick nun ohne Rap-Mahlstrom ein für allemal vor Ohren. Andererseits ist Aesop Rock insofern unter diesen Voraussetzungen zudem auch ohnedies auch schlau genug, die musikalischen Schwerpunkte im Vergleich zu den regulären Studioalben auf seiner ersten Score-Dienstleistung ein Stück weit umzugewichten und den Fokus zu verschieben.
Schließlich untertauchen ausgerechnet einige der nahe am typischen Portfolio ausgelegten, mit klassischen Beats arbeitenden Nummern (wie etwa das mit Pianolinien und geschmeidigen Rhythmen über flimmernde Synthies schlurfende Corner Store und sein Reprise, oder das ebenfalls in zweifacher Ausführung die Ergebung unaufgeregt erkundende New Yule) die Erwartungshaltungen nicht restlos optimal: Man rechnet hier stets damit, dass Aesop endlich mit seinem charismatischen Killerflow loslegt und die einnehmenden Grundgerüste auf das nächste Level heben würde. Dass dem eben nicht so ist, kann durchaus ein klein wenig enttäuschend sein und diese Passagen von Bushwick „nur“ wie nicht fertig veredelte Instrumentalversionen klassischer Aesop Rock-Tracks wirken lassen, in den nicht ganz so zwingenden Szenen gar Déjà-vus an das The Impossible Kid-Repertoire wecken.
Selbst diese, es sich verhältnismäßig einfach machende Selbstreferentialität ist dann freilich dennoch alles andere als schlecht. Allerdings werkelt Aesop hier gefühltermaßen doch an der grundlegenden Intention und den eigentlichen Stärken seines Scores vorbei, macht aus dem ursprünglichen Hohheitsgebiert abseits der hauseigenen Discografie eine gewisse Komfortzone.
Gut, dass Bushwick diesen Weg bis auf wenige mäandernde Gemütlichkeiten umwandert, und es mit dystopisch-ungemütlichen Synthies vielmehr über eine sinister funkelnde Ambient-Ebene arbeitet: Adäquat bedrohlich, unterschwellig angespannt und enorm stimmungsvoll ist die Klangwelt hier. Der Druck entsteht zwischen den Texturen, wenn etwa Mashed Potatoes verspult-experimentelle Gitarrenformen shiftet, Jaguar anachronistisch um sein organisches Drumset und repetierte Sprachsamples pirscht, seltsam relaxt und traumwandelnd einnehmend einwirkt. Spätestens über das mit Casiotone-Loop pendelnde, vermeintlich legere Chesterfield zeigt sich dann auch, dass Aesop Rock zumeist wieder unter dem Mikroskop experimentiert, seine Evolution vorantreibt, indem er Bushwick durchaus dazu nutzt, um die Hintergründigkeit in seinen Produktionen mittels einer klareren Subtilität anzureichern.
Das fordert Aufmerksamkeit, damit Bushwick sich weigert, zur ätherisch-berieselnden Raumbeschallung zu verkommen. Tracks wie das mit schimmernden Suspence kreisende Downstairs oder Raiders (das die 80er von Hotline Miami in einen groovenden Wah-Wah-Hip Hop umformt) erweitern dann dahingehend nicht nur dezent bisherige Trademarks aus dem Aesop Rock-Baukasten, sondern schaffen vor allem ein übergreifend kohärent-intensives Setting in leichter Variabilität.
Der Spannungslevel bleibt so auf detailgenau Art hoch, sucht verwegen und grieselig abgehärtet kein plakatives Spektakel. Das ist gleichermaßen beunruhigend, als könnte hinter jeder Häuserecke ein Gefecht lauern, wie es scheinbar ohne Kraftanstrengung oder äußere Gewaltanwendung immer tiefer in seinen Bann zieht. Weswegen der Score von Bushwick auch ohne die dazugehörigen Bilder des Thrillers eindringlich funktioniert, imaginativ vielschichtig das Kopfkino ankurbelt und klarstellt, dass Aesop Rock selbstverständlich auch dann etwas zu sagen hat, wenn er seine Stimme und lyrischen Tiraden im Schrank lässt. Dass der Ausnahmerapper noch besser ist, wenn er dies nicht tut – geschenkt.
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