Acoustic Lakeside 2014
Im tiefsten Kärntner Hinterland, einen Katzensprung von Slowenien entfernt, direkt am Sonnegger See findet seit 9 Jahren das Acoustic Lakeside statt. Ein Festival, das durchaus als sehr individuell bezeichnet werden kann. Nicht nur wegen der Location, vor allem wegen des Veranstaltungsdesigns und dem ebenso durchdachten wie passenden Merchandise (böse Zungen würden von Corporate Design sprechen). Dazu hat der Festivalverein nicht nur engagierte Sponsoren für sich gewonnen, sondern auch solche, die man durchaus musikinteressiert nennen kann.
1.Tag
Der kurze Fußmarsch von den Parkplätzen im Wald lässt zunächst kaum erahnen, welch idyllische Location einen erwartet. Die erste Band knapp verpasst, konnte man bei Sonnenschein direkt am See – das Wetter zeigte sich am ersten Tag trotz widersprüchlichen Vorhersagen durchaus gnädig – den ätherischen Gesängen der dänischen Band Broken Twin lauschen, welche durch das Waldecho einen sehr mystischen, waldgeistähnlichen Eindruck hinterließen. Sonne und Seifenblasen boten eine sommerliche Kulisse für die vielen Zuschauer, die auf Decken vor der Bühne saßen (Picknickfeeling pur) und mit ihrem ausgelassenen Geplauder teilweise die Grazer Band Farewell Dear Ghost übertönten. Bei besonders mitreißenden Nummern ‚Wake Up‚ oder ‚City Nights‚ beteiligte sich das Publikum schließlich doch und feuerte die Band mit Heuregen an, was ein durchaus schönes Bild entstehen ließ.
Während der verschiedenen Sets genossen nicht nur die Zuschauer diese Woodstock-ähnliche (wenn man die engen Hosen, Hipsterbärte, die modische Rückkehr der 90er und enorme Dichte von Jutetaschen und –rucksäcken ausblendet), ausgelassene Sommeratmosphäre am Festivalgelände, sondern hin und wieder auch Bandmitglieder (wie zum Beispiel Jon Fratelli, welcher beim Spazieren am Gelände durchaus mit Jack White verwechselt werden konnte). Der Veranstaltungsort hatte trotz der bescheidenen Größe vielmehr zu bieten, als der erste Eindruck offenbart. Nochmals sei der See erwähnt, der immer wieder zum Abkühlen einlädt und auch das Jack Daniel’s Campfire sollte man nicht außer Acht lassen, welches mit Schaukelstühlen und kleinen Akustik-Akustik-Sessions Leute anlockt. So nett die Idee anmutet, Bands abseits der großen Bühne bei reiner Lagerfeuer- Romantik nur mit Klampfe unplugged zu erleben, so sehr haperte es leider an der akustischen Umsetzung. Manchmal reicht das Stimmvolumen einfach nicht aus um selbst normale Gespräche zu übertönen, viele Sänger offenbarten zudem stimmliche Defizite.
Apropos Stimme: Das Highlight des ersten Festivaltages war definitiv Frank Turner, der sich bereits beim Soundcheck ganz als Entertainer gab und ‚Dancing Queen‚ von Abba intonierte. Der versierte Akustik-Veteran wusste im weiteren Verlauf mit Hits wie ‚Photosynthesis‚, ‚I Still Believe‚ oder ‚If I Ever Stray‚ die Stimmung anzuheizen. Ebenso überzeugend war ‚Eulogy‚, das er auf Deutsch performte, wie seine Version von ‚Live and Let Die‚ und stahl somit The Fratellis, den eigentlichen Headlinern, die Show. Diese hatten zwar im Festivalguide fünf Akustik-Vögel zur Bewertung bekommen, was allerdings bereits nach der ersten Nummer nicht mehr zu rechtfertigen war. Für Fans sicher kein Problem, unterschieden sich die einzelnen Lieder von den Studioversionen kaum und waren neben den drei Hit-Songs (‚Whistle for the Choir‚; ‚Chelsea Dagger‚ und ‚Henrietta‚) nur wenig eingängig. Die (unmotivierte) Zugabe fand erst nach rund zehn Minuten statt, nachdem schon ein Teil des Publikums nach langem Warten das Gelände Richtung Camping-Platz oder Parkplatz verlassen hatte, was nicht nur schade, sondern auch etwas ärgerlich war. Blöd gelaufen.
2. Tag
Nachdem der erste Tag trocken verlief, war bereits am Vormittag des zweiten Tages klar, dass dieser feucht werden würde. Zur ersten Band, die für die kurzfirstig abgesagten Lucy Rose einsprang um den Zeitplan ab William Fitzsimmons zu retten, kann nicht mehr als IA-IA-IA-O gesagt werden. Das Gösselsdorfer Trio, das bereits beim Frühschoppen am Vortag zum Einsatz kam, schaffte eine lustige, kamote Jodel-Schunkel-Stimmung am See, der bald begann unruhig zu werden. Es zog ein Unwetter auf und man musste sich beeilen einen guten Zufluchtsplatz zu finden. Die musikalische Untermalung dazu boten The Astronauts Have Landed, die zumindest musikalisch eine Ähnlichkeit zu 30 Seconds to Mars aufwiesen und dem Flüchten vor dem aufziehenden Wetter, das trotz ihrer Ankündigung leider nicht weiterzog, einen Soundtrack gaben. Während für einige das Festzelt oder die überdachten Sitzmöglichkeiten bei den Essenständen genau richtig waren, suchten andere Unterschlupf in den Umkleidekabinen direkt am See, den überdachten Kassahäuschen oder ihrem eigenen Zelt, während die Mutigen im kalten Nass vor der Bühne die Stellung hielten. Spätestens bei Dawa aus Wien aber konnte man nicht mehr versteckt bleiben und damit riskieren nicht mehr alles zu hören. Selbst bei Regen schafften die Österreicher es die Stimmung mit Songs wie ‚Frei‚ oder ‚Social Suicide‚ hoch zu halten und die Lakesider mit ihrem äußerst sympathischen Auftritt (bereits zum Soundcheck lockte die Band mit ‚Relief‚ noch mehr Publikum an) zu begeistern. Generell tat der Regen der Stimmung keinen Abbruch, sowohl Mumm-Ra als auch John Bramwell von I am Kloot konnten das miese Wetter vergessen machen. Ein Highlight war nicht nur das Cover ‚Blackbird‚, die Songs ‚Storm Warning‚ oder ‚Northern Skies‚ und John Bramwell per se mit seiner einzigartigen Stimme, sondern auch ein Gastauftritt aus dem Publikum (Kevin!!!), der ihn genauso wie die Zuschauer prächtig unterhielt.
Die Festivalveranstalter freuten sich sehr, als sie die Zusage von William Fitzsimmons publik machen konnten, allerdings ging dieser stark unter (und das lag nicht mehr am Wetter, denn der Regen hatte aufgehört). Es könnte viele Gründe dafür geben (Technik, Stimme, Lautstärke abhängig vom Stehplatz), wobei einige davon zu entkräften sind (z.B.: Technik, da es diesbezüglich bei den anderen Bands auch kein Problem gab), unbestreitbar war aber, dass Fitzsimmons kaum zu hören war (wenn man sich nicht in den ersten Reihen befand) und daher leider eine kleine Enttäuschung darstellte. Der verdiente Headliner des Abends und auch des Festivals war Maximo Park. Alle ihre Lieder wurden akustisch umgeformt (und man stelle sich das mal bei ‚Brain Cells“ oder ‚Give, Get, Take‚ vor), ohne dabei das bekannte Mittanz-Mitsing-Mitreiß-Potenzial zu verlieren, was man auch gut an der Zugabe ‚Apply Some Pressure‚ sehen konnte. Der großartigen Stimmung zuträglich war auch eindeutig die Bühnenperfomance Paul Smiths, der an theatralischen Posen und Gesten nicht sparte.
So fand das Festival einen würdigen Abschluss und hinterließ allerlei Gefühle (was bei dem abwechslungsreichen Line-Up sowie Wetter und dem wunderschönen Veranstaltungsort nicht verwunderlich sein sollte). Aber auch das Ambiente, die Atmosphäre, die Stimmung machten Eindruck. Vergesst die großen, Massenfestivals! Hippieske Szenen mit Seifenblasen, Heu, Akustikgitarren und irrsinnig lieben, freundlichen Menschen spielen sich anscheinend nur im versteckten Hinterland ab. „You know that I would love to see you next year!“ 😉
Fotos: Bernhard Schindler
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