Abstract Mindstate – Dreams Still Inspire
Mit dem unsäglichen Release-Zirkus rund um Donda lenkt Kanye West unnötigerweise davon ab, dass er Abstract Mindstate mit Dreams Still Inspire zu einem absolut überzeugenden Comeback verholfen hat.
Viel Wind macht West aktuell ja nicht um die erste Veröffentlichung seines neuen Labels YZY SND. Wobei jedwede ordinäre Promotion auch nicht zur Identität einer erfreulich bescheidenen Platte passen würde, auf der der 44 jährige (neben der einen oder anderen textlichen Verneigung von Abstract Mindstate selbst) auch nur einmal ins Rampenlicht tritt. Nämlich, um The Brenda Song mit seiner effektmodulierten Gesangs-Hook zu einem ziemlichen Ohrwurm zu machen. Ein klein wenig fällt dieser betont markante Zusatz aus dem restlichen Rahmen, doch das passt: Die Raps von Abstract Mindstate funktionieren dazu (und eigentlich mit allen Features) symbiotisch, wie grandios die Vocals mit Wests Zeitreise-Plattformen generell harmonieren ist außerdem Klasse, die Chemie aller Beteiligten stimmt merklich.
Zumal es einfach gut zu hören, mit welcher Zweck- und Songdienlichkeit West ganz allgemein nicht nur versiert abliefernd im Hintergrund agiert, sondern sich dabei auch an seine Stärken erinnert: Die Produktion belebt den Boom Bap und Conscious Hip Hop der 90er wieder, tut dies jedoch mit der Orientierung an Kanyes Arbeiten der Mid-00er-Jahre. Das hat Klassiker-Flair, obgleich keine ikonische Klasse.
Auch wenn die Beats in dieser Verortung nämlich nicht spektakulär sind, einige Samples schonmal gehört scheinen und der Grad der individuellen Originalität natürlich überschaubar bleibt, hat das kompetente und unterhaltsame Dreams Still Inspire zu jeder Sekunde Hand und Fuß (oder zumindest zu beinahe jeder – das retrofuturistisch schimmernde, etwas altbacken und holprig anmutende Social Media hätte man sich dann doch sparen können).
Das Chicagoer-Duo EP da Hellcat und Ice-Gre tritt dabei stets engagiert und motiviert auf, hält auch entlang einiger unverbindlicher Passagen am Ball, nachdem die entspannte Begrüßung Salutations mit souligen Bläsern und Klavier die unaufgeregte Gangart der Platte installiert hat.
Songs wie der moderne Anachronismus I Feel Good gehen einfach gut ins Ohr, sind smooth uns treiben relaxt nach vorne, sind angenehm zu hören, während der minimalistische Hang von etwa Elevation schon exemplarisch ist: Ein unangestrengter Beat und ein typisches eingängiges Kanye-Sample als Hintergrund genügen als Bildfläche, den Rest erledigt ein fast nonchalantes Oldschool-Schaulaufen.
Man muss also nicht auf das erste Abstract Mindstate-Album seit dem Debüt We Paid Let Us In! von 2001 gewartet haben, um vom Charakter und der Qualität (und ja, natürlich auch von der Entstehungsgeschichte) des kurzweiligen Comebacks Dreams Still Inspire positivst überrascht zu werden. Mehr Aufmerksamkeit hätte sich diese Platte jedenfalls definitiv verdient.
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