Aaron Lewis – Frayed At Both Ends
Nicht, dass eines der bisherigen drei Studioalben, die Staind-Sänger Aaron Lewis in seinem zweiten Leben als reaktionärer Formatradio-Country-Barde aufgenommen hat, tatsächlich wertvolle Qualitäten besessen hätte. Gegen Frayed At Both Ends erscheinen sie nun aber allesamt wie substantielle Talentproben.
Am I The Only One war dabei (mit Springsteen-Diss und populistischen Freiheitsfloskeln seine Hörerschaft mutmaßlich vor allem im rechtskonservativen Feld rekrutierend) als einer der unangenehmsten Semi-Hits des vergangenen Jahres in jeder Hinsicht durchaus ein adäquater Indikator für Frayed at Both Ends – wobei die penetrante Single zumindest noch für sich verbuchen konnte, in irgendeiner (also: wenig schmeichelhafter, jedoch eingängiger und hängen bleibender) Form erinnerungswürdig ausgefallen zu sein – der blaugepauste Rest des Albums wirkt jedoch wie ein Schatten dieses Vorboten.
Grundlegend folgt Lewis dem eingeschlagenen Weg zur instrumentalen Entschlackung nämlich auf Albumlänge bedingungslos, pflegt darüber hinausgehend allerdings eine geradezu auslaugende kompositionelle Langeweile, die abseits ihrer substanzlosen Seelenlosigkeit mit konfrontativer Banalität praktisch keinerlei Eindrücke hinterlässt: Frayed At Both Ends ist praktisch wie Am I the Only One – nur in schlechter und auf schier endlose 56 Minuten aufgeblasen.
Nahezu jeder Song reduziert sich auf Lewis und seine (phasenweise nach einem produktionstechnischen Facelifting unterzogen klingenden, so bemüht den Pathos auswringenden und den Schmalz pflegenden) Stimme, zu der müdes (aber melancholisch und tiefgründig jenseits der Obrigkeit sinnierend gemeintes, unter der Last der Welt atmosphärisch ächzendes) Acoustic-Geschrammel als gottesfürchtige und hemdsärmelige Persiflage begleiten. Hin und wieder tauchen in den pflichtbewussten Arrangements eine schmalzig den Kitsch suchende Fidel oder Mundharmonika auf.
Das als puristisch deklarierte Songwriting plätschert derart gebaut austauschbar, standardisiert und identitätslos als Middle of the Road-Baukasten, es zeigt aus dem 08/15-Contemporary-Country-
Eine Nummer klingt hier schließlich praktisch exakt wie die nächste. Jede Phase der gleichförmigen Platte agiert im selben Tempo, derselben drögen Anti-Intensität, der selben Gefälligkeit, der selben aufgesetzten Attitüde. Wo Frayed At Both Ends also alleine musikalisch durch eine Kaskade aus reinen Genre-Klischees wattet, ohne brauchbare Melodien, Harmonie oder Ideen auf Lager plätschert und dümpelt, wird dies im ganzheitlichen Blickwinkel allerdings erst durch Texte zum kaum ignorierbaren Problem, die dem bocköde-austauschbaren Einerlei durch ein voller Plattitüden und Tropen quiekendes Phrasenschwein fast karikativ die Kniescheiben brechen: Lewis hakt ab, was das triviale Country-Bingo an Schlagwörtern hergibt.
Dies Positionierung (samt kalkulierter Provokantion) muss man nicht per se (oder ob des automatisch – und sehr erfolgreich – angesprochenen Klientels) scheiße finden, doch transportiert Lewis seine Lyrics nicht unauthentisch, jedoch wie ein sich mit plakativen, schablonenhaften Floskeln anbiedernder Opportunist. Das macht das seine stumpfte Beschränktheit als tiefgründige Weitsicht inszenierende Frayed At Both Ends zu einem enervierenden Werk, dass in seiner „unangepassten“ Verbortheit eigentlich ärgerlich sein müsste, wenn es dabei gleichzeitig nicht so unermesslich egal, zum verzweifeln auslaugend und schlichtweg absolut langweilig wäre.
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