65daysofstatic – No Man’s Sky: Music For An Infinite Universe
Alles eine Frage der Erwartungshaltungen: Während No Man’s Sky selbst nicht das sein könnte, was sich so manches Zockerherz erhofft hat, laufen 65daysofstatic für den dazugehörenden Soundtrack – 10 klassische Song plus 6 Soundscapes – im endlosen Universum zur Höchstform auf und lassen dabei kaum Wünsche offen.
Ein wenig gelingt den Briten dabei sogar die Quadratur des Kreises: No Man’s Sky: Music For An Infinite Universe fügt sich nahtlos in die restliche Discografie von 65daysofstatic ein, verbindet die Elemente aller Schaffensphasen jedoch sogar stimmiger als die bisherigen Alben und hebt deren Elemente gar auf das homogene Level, dass die Band wohl für das bereits so famose Wild Running im Kopf hatte. Formvollendeter hat das Quartett den Kosmos seines technoid-synthetischen Future-Postrocks jedenfalls bisher selbst auf Wild Light noch nicht zusammengefasst, womit die 10 Originalsongs – Hello Games schickte die Band mit der Vorgabe an Bord „the next 65daysofstatic album“ aufzunehmen, dass in gegenseitiger Interaktion mit Ambientmusiker Paul Weir und dessen Studioprogrammen im permanenten Austausch erweitert wurde – auch ganz für sich alleine stehen könnend das bisher vielleicht kompletteste Werk der Sheffielder ausmachen: No Man’s Sky: Music For An Infinite Universe ist ein spannungsgeladener, atmosphärisch dichter Abenteuertrip voller Wendungen geworden.
Monolith baut da gleich zu Beginn immense Spannungen auf und stürmt irgendwann mit martialischer Wucht, beklemmender Intensität und schabenden Effekt-Filtern nach vorne, das hoffnungsvolle Supermoon übernimmt mit ätherischen Chorgesängen und losgelösten Klaviermelodien dort, wo Everybody’s Gone to the Rapture zum Science Fiction-Blockbuster geworden wäre: Eine episch aufmachende Größe, in die 65daysofstatic sich da hineinsteigern. Asimov traktiert seine Synthie-Teppiche dann mit hyperaktivem Sclagzeugspiel und fräsender Intensität, bevor der Track zur Mitte eine majestätisch wandelnde Klangwand aufbaut und eines der beeindruckenden Highlights dieser Odyssee installiert. Heliosphere klingt dagegen wie das beständig zum Triumph findende geistige Kind von Arca, Sigur Ròs sowie Kid A, und Pillars of Frost assimiliert die loopende Akribie von William Basinski, nachdem Blueprint for a Slow Machine der Schnittmenge aus Burial und The Haxan Cloak nachspürt – dabei trotz der am Ende heulender Gitarren und aufnehmenden Rock-Fahrt in Summe aber mehr als alles andere unverkennbar die Essenz und Vielseitigkeit von 65daysofstatic beschwört.
Aus der einfühlsamen Piano-Eleganz Escape Velocity wächst alsbald ein gleißend dröhnender Korpus, der sich gerne exzessiver entfalten hätte dürfen, als es die zugestandenen 3 Minuten erlauben. Dafür explodiert das erst ziellos wirkende Red Parallax umso unmittelbarer und energischer. Am Dynamikrad kurbelt die Band jedenfalls unablässig mit behänder Konzentration und führt den roten Faden dabei wie selbstverständlich zur reverbschwangeren Postrock-Nachdenklichkeit von Hypersleep, bevor End of the World Sun mit pulsierender Energie und dezent generischer Genre-Verwurzelung eine fast verzweifelnde Strahlkraft entwickelt.
Dass 65daysofstatic in all dieser Zeit trotz herausragender Kohärenz keine derart restlos ikonischen, überwältigenden Klangszenen gelingen wollen, wie etwa Underworld und John Murphy sie für Sunshine erschaffen haben, dazu gefühltermaßen nicht jeder Augenblick das Maximum am angerissenen Potential auslotet, schmälert die Fulminanz der aktiven Entdeckungsreise durch No Man’s Sky: Music For An Infinite Universe kaum.
Ohnedies relative Vorwürfe, die im zweiten Part des Soundtracks – dem eigentlichen Score-Teil – ohnedies nicht mehr greifen können: 65daysofstatic dehnen hier 10 Soundscapes abseits der zuvor bedienten konventionellen Songlängen auf bis zu 12 Minuten aus, und erschaffen dabei anhand der installierten Motive, Ideen und Versatzstücke vage umrissene Landschaften aus dramatischen Piano-Intimitäten, brutzelnder Elektronik, gleißendem Noise, beängstigenden Drone-Konstruktionen und strahlend schöner Ambient-Weitläufigkeit. Das destilliert das Freiheitsgefühl von No Man’s Sky noch unmittelbarer, zumal es die songdienliche Kompaktheit der herkömmlichen zehn Nummern gar nicht fokussieren will und soll. Aus diesen nichtsdestotrotz faszinierend einnehmenden, in unzählige Schnispel zerlegbaren Skizzen berechnen Algorithmen die situationsbediengte Untermalung des Spiels an sich. Beeindruckend bleibt dabei, dass es 65daysofstatic im Verbund mit Paul Weir und den Entwicklern bei Hello Games verstanden haben, hierbei strukturbefreite Kompositionen zu erschaffen, die im Bandkontext ebenso stimmig funktionieren, wie in die Spielewelt transferiert. Weswegen diese fruchtbare Zusammenarbeit letztendlich ein Glücksfall für alle Beteiligten ist. Ganz unabhängig von den Erwartungshaltungen.
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