Die Alben des Jahres: 50 bis 41
Nicht verpassen! | 50 – 41 | 40 – 31 | 30 – 21 | 20 – 11 | 10 bis 01 | Die EP Top 15
50. Future Of The Left – How To Stop Your Brain In An Accident
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Eigentlich ist es bezeichnend: da legen Andy Falkous und seine Band ihr bisher zerfahrenstes Album und einen (hinsichtlich all der hervorragenden rund um ‚How to Stop Your Brain in an Accident‚ veröffentlichten EP’s) Tracklistenunfall sondergleichen hin – und düpieren trotzdem nahezu die gesamte Noiserock-Konkurrenz ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Das beginnt beim mächtig stoisch aufstampfenden Biest ‚Bread, Cheese, Bow and Arrow‚ (schon wieder so ein B-O-M-B-E-N-Opener!) über den folgenden Dingen, gönnt Falcos beißendem Zynismus im brillant rohen Sound etwas zuviel Narrenfreiheit (Stichwort: ‚Singing of the Bonesaws‚) und versöhnt spätestens beim intim kratzenden ‚Why Aren’t I Going to Hell‚ dann doch auch all jene wieder, die durch die etwas unglücklich eingeteilte Dauerveröffentlichungspräsenz der Waliser ein wenig verprellt waren. Wer waren nochmal McLusky?
49. Modern Life is War – Fever Hunting
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2008 haben Modern Life is War justament den Stecker gezogen, als mit ‚Midnight in America‚ leichte Ermüdungserscheinungen im – wie sich später zeigen sollte – prägenden Hardcore der Band aus Iowa zeigten. Knapp fünf Jahre und eine ungezwungen in John Paul Eich’s Keller begonnene Reunion später ist davon absolut nichts mehr zu spüren: Jeffrey Eaton und Co. haben ihre Batterien bis zum Bersten aufgeladen und kanalisieren ein erstklassiges Hardcore-Brett zwischen Stiltreue und einem bisher ungekanntem Hitverständnis: ‚Health, Wealth & Peace‚, ‚Media Cunt‚, der Titelktrack oder die überragende Verbrüderungsgeste ‚Brothers In Arms Forever‚ lassen ‚Fever Hunting‚ zu einem wahren Hexenkessel der Emotionen mutieren. Eines der Comebackalben des Jahres. Und natürlich die Ankündigung dass sich Modern Life is War den Thron den sie einst freiwillig verlassen haben bald wieder zurückschnappen könnten.
48. Janelle Monáe – The Electric Lady
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‚The Electric Lady‚ ist eine 68 minütige, zweiteilige Suite (Part IV und V übrigens) über 19 Tracks als Konzeptradiosendung aus der Zukunft, über Hip Hop, Gospel, Pop, Soul, Funk, R&B und unzählige weitere Bausteine tänzelnd, vollgepackt mit weiblichen Androiden, Feminismus, Erykah Badu, Miguel, Solange, Esperanza Spalding- und einem in diesem Umfeld zur Hochform auflaufenden Prince. Too Much und Over the Top? Klar, aber nicht für Janelle Monáe. Vor allem nicht nach dem Geniestreich ‚The ArchAndroid‚ von vor drei Jahren. Im direkten Vergleich dazu fährt die 28 jährige auf ‚The Electric Lady‚ (zwangsläufig) die weniger spektakulären, nach schwanzvergleichendem Prog schreienden Songs auf und feiert trotzdem – oder gerade deswegen? – eine unwiderstehliche Party bar jeglicher Limitierungen und Tabus. Was für andere den Schritt hin zur Megalomanie bedeutet hätte ist für Monáe da schon beinahe Understatement und Ausdruck einer neu gefundenen Genügsamkeit.
47. Vampire Weekend – Modern Vampires of the City
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Was war das Gemurre groß als Vampire Weekend mit ‚Contra‚ die Erfolgsformel ihres die Retro-Afrobeat-Welle lostretenden Debütalbums kurzerhand mit nur vage verschobener Gewichtung recycelten. Beinahe ähnlich groß war dann auch die anfängliche Verwunderung beim Erscheinen von ‚Modern Vampires of the City‚ drei Jahre später: was bitte soll der durchgeknallte Vocaltune-Rockybilly im Refrain von ‚Diane Young‚? War der Schlumpf-Modus im stampfenden ‚Ja Hey‚ wirklich notwendig? Warum geht ‚Unbelievers‚ derart unmutig augs Nummer Sicher-Ohrwurm? Das hibbelige ‚Finger Back‚ schaut zudem schon ein wenig unkaschiert hin zum Animal Collective, oder? Knapp sechs Monate nach dem Releasedatum hat man sich mit all diesen mutmaßlich neben das Ziel geschossenen Momenten der Platte nicht nur abgefunden, sondern mit diesen absolut seinen Frieden geschlossen, funktionieren diese doch bestens als Teil des vielleicht nicht Zeitgeist-deffinierendsten, aber bisher doch besten Vampire Weekend Albums. Fakt ist: ‚Modern Vampires of the City‚ ist ein unheimlicher Grower von einem Album geworden, das seine Einflüsse eben auch genüsslich abseits von ‚Graceland‚ aus allen möglichen Inspirationsquellen saugt. Und wie man daraus ein Dutzend an schier umwerfenden Indierock-Songs bastelt weiß eben kaum jemand so geschickt wie Vampire Weekend, die nicht mehr länger das Afrobeat-Stigma zu tragen hat, sondern sich endlich als die wunderbare, hippe Popband zu erkennen gegeben hat, die sie immer schon waren.
46. Windhand – Soma
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Monotonie war bei den Doom-Durchstartern Windhand aus Richmond, Virginia nicht immer Trumpf. Tatsächlich bot ihr selbstbetiteltes Debut zwar klanglich vertrautes, wusste aber auch durch subtile, klassisch-tiefgestimmte Riffspielereien à la Electric Wizard in Bestform zu überzeugen, und auch auf der tollen Split mit den Miesepetern von Cough steuerte man zwar die dezent schwächere, aber ohne Frage verspieltere Seite bei. ‚Soma‚ nun ist der vielzitierte Monolith, der Brocken. Wieder und wieder dauert es bis man die Gleichförmigkeit nicht mehr mit Langeweile verwechselt, bis man die Finessen des Songwritings hinter den sich aufstapelnden Schichten an schwarzer Molasse herausschälen kann. Einfacher fällt dies bei der wunderbar rostigen Akustiknummer ‚Evergreen‚, den Experten-Modus erreicht man hinten raus mit dem halbstündigen Wälzer ‚Boleskine‚. Eine enorm lohnenswerte Geduldsprobe.
45. James Blake – Overgrown
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James Blake ist erwachsen geworden und hat den Weg hin zum klassischeren Songwriting weiterverfolgt – sein Zweitwerk hat also nicht nur Wu-Tang Mastermind RZA an Bord sondern auch ganz klar strukturierte Ohrenschmeichler und Beinahe-Pop-Hits. Die ultimativen Begeisterungsstürme von 2011 wollten sich damit jedoch nicht allerorts einstellen. ‚Overgrown‚ geht die schier revolutionär anmutende digitale Sprengkraft des zwei Jahre alten Jetzt-Schon-Klassikers (und in unseren damaligen Jahrescharts dezent höher platzierten) ‚James Blake‚ sicherlich ab, aber die nicht bedingungslos zugetragene Zuneigung gegenüber der Platte liegt doch weniger an der neu gefundenen Griffigkeit als an der Tatsache dass der junge Londoner mit seinem Zweitwerk schier absurden Erwartungshaltungen begegnen musste. James Blake macht jedoch das beste aus den Gegebenheiten und entwickelt sich ohne Kompromisse weiter, legt auf ‚Overgrown‚ elf ausnahmslos sehr gute bis brillante Songs an der selbst gelegten Messlatte des USB-Souls vor. Enttäuschend? Höchstens in Relation betrachtet. Aber schwach? Mitnichten! Was sich am Ende des Jahres mit etwas Abstand nur noch deutlicher zeigt.
44. VIECH – VIECH
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Eines sei hier nochmal ausdrücklich erwähnt: VIECH aus Graz haben internationales Niveau. Das kommt einem bei österreichischen Acts nicht oft – und bei solchen mit deutschen Texten noch viel weniger – über die Lippen, allerdings sehr gerne, wenn man es mit derart detailverliebten, gut produzierten und verschrobenen Piratenrock zwischen Laut und (lieber noch) Leise, kombiniert mit unendlich zitierbaren lyrischen Ergüssen für Poesiealben der Generation 25+ zu tun hat. Das hat insofern nicht das Geringste mit kruden Auswüchsen aus Castingshows zu tun, da es einfach ehrlich ist, ehrlich romantisch, ehrlich komisch, ehrlich berührend und natürlich ehrlich Spaß macht, wie man sich bei den zahlreichen, unbedingt zu empfehlenden Konzerten der Lokalmatadore überzeugen konnte. Und Marta ist auch toll.
43. Bill Callahan – Dream River
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Ex-Smog-Mann Bill Callahan ist längst einer der größten Geschichtenerzähler im unaufgeregten Spannungsfeld aus amerikanischer Singer Songwriter-Tadition, Country, Folk und archaischem Americana – auf ‚Dream River‚ sogar wieder mehr als auf dem durchwegs tollen Vorgänger ‚Apocalypse‚. Vor allem auch deswegen, weil Callahan sich so hungrig zeigt wie lange nicht, es versteht seinen Sound mit allerlei Kniffen (und unter anderem Congas, Flöten, Clave, Fidel!) in neue Bahnen zu lenken. Wäre Bill Callahan-Musik also jemals ernsthaft Gefahr gelaufen langweilig zu werden, wäre ‚Dream River‚ nun wohl so etwas wie eine Initialzündung von einem Album in zurückgelehnter Aufbrauchstimmung, mit geradezu buddhistischer Gelassenheit allen Dingen gegenüber. Aber eben: Bill Callahan-Musik läuft niemals Gefahr langweilig zu werden. Alleine schon deswegen, weil man dem schmeichelweichen Kuschelbariton des Amerikaners jedes Mal aufs Neue verfällt. Oder einfach, weil das große, beinahe unscheinbare Kunst ist, die entlang der Fußspuren von Will Oldham längst in Richtung Legendenbildung führt.
42. Fuck Buttons -Slow Focus‘
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Die Entwicklung der Fuck Buttons ist eine interessante – vom lärmenden Elektro-Act mit flächigen Post-Rock-Attitüden und Gekeife, das so manchen Black Metaler aufhorchen ließ, auf dem famosen ‚Street Horrrsing‚ zur fein texturierten Zurückhaltung des nicht minder spektakulären ‚Tarot Sport‚ wurden einige Haken geschlagen, und so manche Erwartungshaltung getunnelt. Ein drittes Album wurde einige Zeit auf die lange Bank geschoben, schließlich selbst produziert, und noch bevor das dekadente, juwelenbesetze Cover der Öffentlichkeit präsentiert wurde, hat man als F*** Buttons mit ‚Olympians‘ eben deren Spiele vor über einem Jahr eröffnet. Dekadenz? Ausverkauf? Nicht im geringsten, in Eigenregie produziert präsentiert sich ‚Slow Focus‚ als eine Art Boards of Canada Extended, ein lange bei der Stange haltender Abenteuerspielplatz, sowohl für den Zuhörer, als auch für Andrew Hung und Benjamin John Power selbst. Flackernde Stroboskop-Beats beleuchten die verschiedensten Ecken dieses unheimlich durchdachten Soundtracks für Jogger im Morgengrauen, die Auswüchse in den Post-Rock kann man hier wohl am wenigsten verleugnen, wo sich jeder einzelne Song in hymnenhafte Schwelgerei ausdehnt, und nicht mehr wie anno dazu mal Elektro-Anarchie predigt. Man wird erwachsen, trotz des Namens.
41. Majical Cloudz – Impersonator
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Heimlich still und leise hat sich das Zweitwerk von Singer-Songwriter/Bandkopf Devon Welsh und seinem Live-Partner und Produzenten-Kompagnon Matthew Otto im Alleingang vom so unscheinbaren wie sorgsam formulierten Schlafzimmerelektronikprojekt zum minimalistischen Pop-Juwel geschliffen, das ständig in all seine fragilen Einzelteile zu zerbrechen droht. Die Melodien drehen sich unaufwendig und mantraartig im Kreis, Welsh singt mit tiefem Timbre sorgenvolle Texte voller Romatik und Selbstzweifel die unverfälschte Melancholie und Sehnsucht destilieren und sich derart distanzlos eigentlich erst offenbaren dürften, wenn sich die Pulsadern vor akkuter Einsamkeit selbst zu öffnen beginnen. ‚Impersonator‚ ist auf den ersten, zweiten und zehnten Blick derart simpel gehalten dass sich die tiefschürfenden Facetten der Platte erst unterbewusst zu offenbaren beginnen – aber irgendwann steht da eben ein Traum aus trostlosen/trostspendenden, kühlen/wärmenden, kargen/feintexturierten, atmosphärisch überwältigenden Klanggebilden, die Ansätze von Depeche Mode, INXS oder Perfume Genius gleichermaßen aufgreifen. Wunderschöner und ergreifender war Traurigkeit 2013 selten. „The happiest songs all end with a smile/ This might end with a smile, no my love/ If life could be forever one instant/ Would it be the moment you met me? No my love„.
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