The Menzingers – After the Party

von am 10. Februar 2017 in Album

The Menzingers – After the Party

„Where we gonna go now that our 20s are over?“ fragen The Menzingers gleich im ersten Refrain von After the Party, treten mit zahlreichen „Oh Yeahs„, augenzwinkernd-ambitionierten Lösungsansätzen („Let’s go to Vegas/ Put it all on black and get married by Elvis“)  sowie einem demonstrativen Zug hin zum gefälligeren Poppunk aber umso optimistischer die Flucht nach vorne an.

The Menzingers waren ja schon immer auf einen unkaschierten Punkrock-Zugang zur Nostalgie spezialisiert. Weil das Quartett aus Scranton jedoch mittlerweile die magische Altersgrenze am Ende der 20er hinter sich hat, korrigiert das die Perspektive auf ihrem fünften Studioalbum verständlicherweise von einer allgemeinen Ebene deutlicher hin auf die private: After the Party reflektiert als „a love letter to our twenties“ die bisherigen Bandjahre von Greg Barnett, Tom May, Eric Keen und Joe Godino, sinniert über alte Fotos gebeugt über den Augenblick, lässt den Alltag auf Tour Revue passieren und stellt insofern natürlich auch die Frage, ob das Leben in dieser Rock’n’Roll-Lifetstyle-Blase ewig weitergehen kann.
Und findet darauf eine klare Antwort: „We don’t have to grow up or get boring—we can keep on having a good time doing what we love“. The Menzingers haben ungeachtet aller Umbrüche ein „Fun“-Album aufgenommen, das unkompliziert eine gute Zeit feiert – „you throw it on a jukebox in a bar and be fucking punk the whole night.“

Der drohenden Existenzkrise begegnet man also mit einer neuen Leichtigkeit des Seins. After the Party gibt sich deswegen betont unbeschwert, lässt sich von Allround-Produzent Will Yip die raue Angriffslust der jüngeren Tage in rundere, weniger ruppige Bahnen lenken und addiert dazu eben auch gleich im Opener Tellin‘ Lies eine ganze Schippe an vordergründig unbekümmerter Singalong-Poppigkeit. After the Party funktioniert damit in gewisser Weise durchaus erfrischender und leichter als der relativ sicher nach Hause gespielte Vorgänger Rented World (2014), dem man die Bürde des Meisterwerks On the Impossible Past (2012) immer ein wenig zu beklemmend anhören konnte. Ein gelungener Ansatz: The Menzingers haben sich in gewisser Weise einer durchaus kurzweiligen Frischzellenkur unterzogen.
Währen das Quartett also in altbekannter Zuverlässigkeit mit ihren so unheimlich catchy zwischen Melancholie und Euphorie zündenden Melodien jongliert, entstehen in dieser Gangart dann auch Kniffe wie die Hardrock-Finte Thick as Thieves oder der grandios an die Weezer-Nonchalance angelehnte The Bars, das nach seinem schwelgenden Beginn so umwerfend den Morgenstunden entgegenschunkelt, nur um letztendlich doch noch mit einem unverhofften Tritt aufs Gaspedal aufzutrumpfen.

Das zur Nachdenklichkeit stampfende Bad Catholics ist dann ein verdammter Ohrwurm, der unmittelbar in das überquellende Hit-Repertoire der Band wandert, auch für die noch besser aus dem Handgelenk geschüttelte Single Lookers würden so manche Genre-Kollegen wohl postwendend töten.
Die nach vorne ziehende Verneigung Midwestern States ist dann kaum weniger infektiös, führt allerdings auch vor, dass die Sehnsucht der Menzingers diesmal doch auf einem etwas weniger universellen Gerüst fußt, mit wunderbar im Spannungsfeld von Sentimentalitäten und Weißheit pendelnden Texten einen spezielleren Erfahrungsschatz als inhaltlichen Knackpunkt verwendet. Schwerer wiegt jedoch das Manko, dass After the Party für den nunmehr hofierten juvenil-lebendigen Unterhaltungswert bisweilen einen Gutteil der auf den bisherigen Platten kultivierten Nachhaltigkeit opfert, und anstelle zeitloser Gänsehaut-Klassiker eher auf ein unverfängliches Momentum setzt. Das ist dann eher auf bestmögliche Art gefällig, als tatsächlich überwältigend. Das läuft zudem gut durch, klar, aber vor allem im Vergleich zu On the Impossible Past fehlt es After the Party doch ein wenig an Gewicht – wohingegen sich die Band im Umkehrschluss nunmehr deutlicher denn je Freiheiten von den seinerzeit explosionsartig angestiegenen Erwartungshaltungen erspielt und die Langzeitwirkung insofern durchaus als unverbrauchter als jene von Rented World erweisen könnte.
´Freilich alles ohnedies halb so wild: Selbst wenn sich etwa Charlie’s Army, Your Wild Years oder House on Fire vor allem auf die routinierte Souveränität der Band verlassen, oder das zu wenig bissige Boy Blue vor dem die Luft verlierenden Finale der Platte gar beliebig plätschert, hängen The Menzingers die Konkurrenz immer noch mühelos ab. Mit charismatisch-reduzierten Kleinoden wie Black Mass – und mehr noch Erkenntnissen, die dann auch im bagatellisierenden Umfeld doch wieder mit entwaffnend direkten Wehmut ins Herz treffen: „To the nights we lose our self control/ From the sex, from the drugs, from the rock and roll/…/But after the party, it’s me and you„.

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