The Antlers – In London
Auch wenn es ‚In London‚ natürlich nicht bedingungslos gelingt, die pure Magie eines Antlers-Konzerts auf Tonträger zu bannen und die regulären Studioplatten für den Heimgebrauch die bessere Wahl bleiben: Einen stimmungsvolleren Mitschnitt als diese limitierte Vinyl-Only-Veröffentlichung der Ausnahmeband von Peter Silberman hätte man sich kaum wünschen können.
Ob – das in unseren Jahrescharts sehr weit vorne mitmischende – ‚Familiars‚ in seiner Existenz als zeitlos strahlender Monolith der melancholischen Schönheit tatsächlich das beste Werk des amerikanischen Trios darstellt, darüber lässt sich angesichts solch herausragender Vorgänger(meister)werke wie ‚Burst Apart‚ und ‚Hospice‚ freilich versöhnlich diskutieren. Dass das fünfte Studioalbum der Brooklyner jedoch durchaus an der Spitze einer makellosen Discographie positioniert werden darf, dafür plädiert nun in gewisser Weise das Londoner Label Transgressive Records, indem es – in sauberster Soundqualität und wunderschönem, weißen Gatefold aufbereitet – Erinnerungen an die schier atemberaubende 2014er Tour der Band heraufbeschwört: Die Setlist, die The Antlers am 24. Oktober im Hackney Empire in der Landeshauptstadt des Vereinigten Königreichs spielten ist die selbe, wie wenige Tage zuvor in Wien, allerdings kommt der Londoner Rahmen des Veranstaltungsortes der durch Raum und Zeit schweifenden Darbietung mutmaßlich doch deutlicher entgegen, als die beengte Kulisse im Flex.
Aber sei’s drum: ‚In London‚ muss ohne visuelle Stützpunkte als Tonträgerkonservierung ohnedies für sich selbst stehen, funktioniert in dieser Weise aber alleine deswegen sehr formidabel, weil die 13 Songs in knapp 100 Spielminuten das Kopfkino ohnedies in weitschweifende Sphären schicken. Die Band nimmt sich alle Zeit der Welt, um ihre Kompositionen in ein federleicht schwirrendes Meer aus Bläserwellen und Synthienebeln zu tauchen, lässt (beinahe – ‚Intruders‚ wurde ja ausgespart) jeden einzelnen Song von ‚Familiars‚ wachsen, dehnt die Kompositionen aus, treibt mit geschlossenen Augen durch die magische Wohligkeit des Geschehens und driftet vollends in die eigenen Klangwelten ab. Ansagen zwischen den Songs sucht man dabei vergeblich, das Publikum scheint dem Geschehen bis auf wenige Zwischenrufe wie in Trance verfallen zu sein.
Dass die Antlers ältere Nummern dazu nahtlos in den geduldig fließenden Strom des vorherrschenden Sounds einflechten (‚I Don’t Want Love‘ muss sich etwa erst zwei Minuten aus einem ambienten Drone freischwimmen, um danach sein Klagelied schwer und mächtig schwelgen zu lassen) ist ein weiteres Merkmal ihrer Klasse, das schließlich im Schlusspart um das leider etwas flach dargebotene ‚Putting the Dogs to Sleep‚ und das majestätisch aufblühende ‚Refugee‘ kulminiert: alleine hier schwellen die Studiooriginale um mehr als das doppelte ihrer ursprünglichen Länge auf knapp 11 Minuten an und funkeln als uferlose, ätherische Traumlandschaften.
Die atmosphärische Sogwirkung, die The Antlers hierbei selbst auf Konserve entwickeln ist einerseits durchaus beachtlich, andererseits kann ‚In London‚ aber natürlich trotz aller (vor der Bühne deutlich zielführender umspülend als in den eigenen vier Wänden) Ausführlichkeit nicht die selbe entrückte Blase abseits des Alltags schaffen, die Silberman und Co. in Natura beschwören – vielleicht liegt dies aber auch daran, dass sich der mitgeschnittene Gig gefühltermaßen nicht unbedingt über andere Konzerte der Tour stellen lässt. Weswegen diese nicht perfekte Liebhaberveröffentlichung dennoch ganz eindeutig ein absolut willkommener Service am der Band längst verfallenen Fan ist.
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