Messer, Robotra [03.03.2013 Venster 99, Wien]

von am 4. März 2013 in Featured, Reviews

Messer, Robotra [03.03.2013 Venster 99, Wien]

Eine feine Sache, was dieser Sonntagabend da parat hält: die spielfreudigen Robotra und das deutsche Quartett Messer für gerade einmal 7 Euronen – das malträtiert zwar die Trommelfelle ungemein, freut aber gleichzeitig die Geldbörse. Geht es mit rechten Dingen zu, wird man die Band aus Münster zudem ohnedies nicht mehr so bald in derart beschaulicher Kulisse erleben.

Für Auswärtige gar nicht so leicht zu finden, das Venster 99. Davon abgesehen ist für die mit vereinstauglichem Dosenbier und einer charmanten Grundkälte ausgestattete Location der Sound das eklatanteste Problem des Abends (und wahrscheinlich darüber hinaus) – der unterscheidet nämlich ausschließlich zwischen „laut„, „extrem laut“ und „schmerzhaft„. Wer da ohne Ohrenstöpsel gekommen ist, geht beinahe zwangsläufig mit Tinnitus wieder.
Die Münsteraner Messer und das Grazer/ Wiener Trio Robotra machen in jedem Fall das beste aus den Gegebenheiten und heizen den geschätzten 60 bis 80 Besuchern –  überraschend wenige für den inzwischen doch namhaften Besuch aus Deutschland: positioniert mit Respektabstand zur Bühne und dennoch ungedrängtes Stehen in der losen Masse möglich amchend – trotzdem ordentlich ein.

Die heimischen Lokalmatadore spielen ihren ambitionierten Noiserock dabei charmant von Epizentrum Thomas Hammer (Schlagzeug, Gesang) ausgehend in die Sollbruchstelle von kompakten Sonic Youth und hymnenbefreiten Japandroids; stürzen sich an der Abzweigung, auf der sich The Thermals schon immer eher für überragende Hooklines und Melodien entschieden haben in juvenilen Krach mit Grungeattitüde und prügeln sich so gut gelaunt durch ein spritziges Set. Eine durch die Gegebenheiten nicht unbedingt nuancenreiche Angelegenheit, aber in jedem Fall eine so unterhaltsame wie kurzweilige und kompakte Geschichte, mit der die vielversprechenden Robotra den Abend gegen 22.30 Uhr relativ spät eröffnen.

Eine knappe halbe Stunde später übertreffen Messer dann die in sie gesetzten Erwartungshaltungen von der ersten Sekunde an spielend, transportieren die vier Deutschen doch alles, was das Debütalbum der Kombo so herausragend werden lies im Livegewand noch eine Spur energischer, dringlicher und mitreißender, schlicht besser. Vom Opener ‚Was man sich selbst verspricht‚ bis zum verlängerten Setlistschlußpunkt ‚Gassenhauer‚ pressen beinahe alle Songs von ‚Im Schwindel‚ wuchtig ohne Ende aus den Boxen – alleine Pogos monströses Basspiel droht das Venster 99 in Stücke zerbröseln zu lassen, groovt bis direkt in rebellierende Magengruben. Überhaupt machen diese versierten und so einfallsreichen Basslinien derartig aufgemotzt gleich noch mehr Spaß. Dass die restliche Band – Drummer Philipp Vuht: tight ohne Ende; Gitarrist Pascal Schaumburg: leicht im Mix untergehend, aber zu jeder Sekunde die Texturen der Songs prägend; und Sänger Hendrik Otremba mit einer schier beeindruckenden Bühnenpräsenz nebst gegebenfalls unterhaltsamen Schmäh ausgestattet – dem antreibenden Basser in nichts nachsteht: Ehrensache.

Wo man beim Stichwort Ebenbürdigkeit auch bei der eigentlich erfreulichen Erkenntnis des Abends ist: Messer spielen allerhand neue Songs – und die deuten gar nicht mal so dezent an, dass sich die Band auf dem kommenden Zweitwerk wohl noch einmal gehörig steigern können wird. Da tauchen in der Riege der neuen Kompositionen energetische Exzesse sondergleichen auf, nahe an der Disco operierende Rhythmen, potentielle Hit-Aspiranten und mutmaßlich progressivere Tiefenstudien des bereits jetzt so makellosen Postpunks der Band. Längen, wie sie bei der Präsentation neugeborener Songs ansonsten gerne entstehen können, sie kommen hier jedenfalls zu keinem Zeitpunk auf, vielmehr ergänzen die jungen Nummern die Setlist spannend und dem einheitlichen Rausch folgend.
Nach knapp einer Stunde, zahlreichen potentiellen zukünftigen Lieblingssongs und beinahe allen Stücken von ‚Im Schwindel‚, findet der Abend über eine kurze Zugabe seinen wohlverdienten Schluß, auch wenn die euphorisierte Menge noch nicht genug hat. „Wir haben nix mehr“ lächelt Pogo entschuldigend in sein Mikro. Schade natürlich, aber passt schon so.
Nicht genug gibt es dann auch am Merchstand, wo schicke T-Shirts etwa nur noch ab den ausufernden Kleidergrößen verfügbar sind – logisch irgendwo, bei den verdammt moderaten Preisen mit denen Messer da fanfreundlich auftrumpfen. Dass sich die Band danach einmal mehr als grundsympathisches Quartett darstellt, ließe den Abend zudem umso befriedigender ausklingen – wäre das Warten auf den zweiten Langspieler nun nicht eine noch größere Qual als bereits zuvor.

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