Grave Pleasures – Dreamcrash

by on 17. September 2015 in Album

Grave Pleasures – Dreamcrash

Die aus der Konkursmasse von Beastmilk hervorgegangenen Grave Pleasures werden mit ihrem glatt abliefernden Debütalbum wohl mühelos dafür sorgen, dass ihr Majorlabel das Signing der Finnen nicht bereuen wird. Darüber hinaus verdeutlicht ‚Dreamcrash‚ allerdings vor allem, wieviel – oder eher: wie wenig – ‚Climax‚ ohne seine aus der qualitätsschwankenden Masse hervorstechenden Hits wert wäre.

Auch wenn Grave Pleasures über die Gesamtdistanz mit gedrosselterem Tempo und durchaus pop-orientierter vorgehen als die designierte Vorgängerband, hat sich in der Gangart von Sänger Mat „Kvohst“ McNerney, Bassist Valtteri Arino, Nachzügler-Gitarristin Linnéa Olsson (Ex-The Oath) und Neo-Drummer Uno Bruniusson unter der neuen Identität an sich wenig geändert: die (Wahl-)Finnen sammeln immer noch die von todessehnsüchtiger Gothic-Romantik und catchy Melodien angezogenen Restbestände der Anhängerschaft von My Chemical Romance auf und führen Sie entlang postpunkiger Rocksongs – Grave Pleasures selbst sagen: „Apocalyptic death-rock“ – zum Vermächtnis von den Sisters of Mercy, Danzig, Misfits und der New Model Army, in eine modern inszenierte Adaption der 1980er.
(Weswegen der stete Vergleich mit ‚Climax‚ aufgrund der stilistischen Überschneidung mit ‚Dreamcrash‚ durchaus zulässig erscheint, aber – soviel sei vorweggeschickt – nicht die eigentliche Achillesferse der Platte ist: seine vielen Mankos erarbeitet sich das Grave Pleasures-Debüt ganz eigenständig).
Und klar: wer seit jeher so ein Händchen für unmittelbare Eingängigkeit hat wie Kvohst, der macht es natürlich wieder nicht vollends ohne hartnäckige Single-Aspiranten. ‚New Hip Moon‚ sucht sich den direktesten Weg nach vorne in die Gehörgänge und zum gefeierten Festival-Abgeh-Finale, ‚No Survival‚ kaschiert griffig den fakt kaum Gewicht hinter der aufgefahrenen Ästhetik zu transportieren und das knackige ‚Taste the Void‚ macht mit seinem Druck aufs Gaspedal zumindest kurzweiligen Spaß.

Aber gerade anhand dieser vereinzelten Aushängeschilder zeigt sich auch, dass das sich schnell abnutzende Songwriting noch weniger Substanz hat als jenes von ‚Climax‚: ‚Dreamcrash‚ wirkt einfach über weite Phasen ermüdend beliebig, mit überhöhter Dramatik und leeren Gesten seine Belanglosigkeit überspielend und nur selten mehr als oberflächlich packend. Der stets plakativ pathetische Gesang von Kvohst tut zur Übersättigung einerseits sein übriges, andererseits bleibt daneben viel Potential (möglicherweise aufgrund des Zeitdrucks, der entstand, als es galt in den Windschatten der Aufmerksamkeit von ‚Climax‚ zu schlüpfen?) ungenützt: Potentiell guten Songs wie dem schnittigen Opener ‚Utopian Scream‚ oder dem an sich schön theatralisch den Vollmund anschmachtenden ‚Crying Wolves‚ mit seinen rollenden Drums geht unnötig schnell der Saft aus – der maßgeschneidert-sauberen Produktion von  Tom Dalgety (Killing Joke, Royal Blood) fehlt es aber zu jedem Zeitpunkt an Druck, Biss, Kanten, Nachdrücklichkeit und schlichtweg am nötigen Punch, er schieß der Band mit seinem faden Sound praktisch in die Kniescheiben.

Ein ‚Worn Threads‚ oder ‚Lipstick on Your Tombstone‚ mäandern so ziellos, haben keine Ahnung wohin sie mitreißen wollen, ‚Crooked Vein‚ hat außer bedeutungsschwangerer Tristesse über sechs Minuten wenig mehr als instrumental versierte Atmosphäre zu bieten.  Die Schwankungsbreite im Songmaterial ist da im durchaus dynamisch arrangierten Gesamtfluss automatisch weniger drastisch ausgefallen als noch auf ‚Climax‚, vordergründig natürlich, weil nicht mehr die selben Höhen erreicht werden. ‚Dreamcrash‚ seine Momente gänzlich abzusprechen wäre dennoch unfair. ‚Girl in a Vortex‚ zelebriert mit Joy Division-Optik und anschmiegsamer Zugänglichkeit einen ganz ungenierten Flirt mit dem Pop, der letztendlich zwar in der Langatmigkeit endet, aber Optionen aufzeigt.
Futureshock‚ ist dagegen nicht nur eine angenehm unterkühlt hysterisch hinausgeheulte Rockybilly-Punkrockverneigung mit dezentem Metal-Flair der ersten beiden Iron Maiden-Alben, sondern auch ein Mahnmal dafür, dass Grave Pleasures soviel besser damit fahren würden, ihre Songs generell unter der 3-Minutenmarke ins Ziel zu peitschen. Wie schnell Spannungen nämlich flöten gehen, kann man diesbezüglich schmerzlich am Beispiel von ‚Crisis‚ nachhören, dessen melancholisch-nachdenkliche Art der Band an sich famos steht, aber am bagatellisierenden, kaum fesselnden Desinteresse mündet und  deswegen letztendlich auch nichts mehr am bleibenden Eindruck ändert: Die Langeweile, die auf ‚Climax‚ noch durch die immanent-schmissige Hartnäckigkeit der Hits zumindest für die kurze Halbwertszeit der Platte umgangen werden konnte, sie hat ‚Dreamcrash‚ nun leider über nahezu die volle Distanz fest im Griff.

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