Ghost Bath – Starmourner
Wo es sich Ghost Bath auf dem Vorgänger Moonlover noch gleichmäßig zwischen getürktem Exotenbonus und Deafheaven-Ripoff bequem gemacht haben, entscheidet sich Starmourner aus dieser Ausgangslage geradezu überheblich dafür, über alle Ziele hinauszuschießen – und dennoch bei einer penetrant mediokren Pseudo-Black Metal-Beliebigkeit zu landen.
Die erfundenen Origin-Geschichte rund um obskure Ursprünge in China haben Ghost Bath längst hinter sich gelassen, doch die mittlerweile bei Nuclear Blast gelandete Band um Dennis Mikula polarisiert weiterhin. Mehr noch: Die Diskrepanz in der Wahrnehmung zwischen Kritikerlob und Fanspott scheint Ghost Bath erst recht beflügelt zu haben scheint, die vorhandene Ansätze des Vorgängers von 2015 gnadenlos weiterzudenken und damit die Gratwanderung inmitten beinharter Kompromisslosigkeit und zu Kopf gestiegenem Größenwahn zu zelebrieren.
Soll heißen: Starmourner nimmt die Essenz von Moonlover und treibt diese hinter prätentiösem Titel, Artwork und Gestus endgültig in die Extreme.
Und auch, wenn man dieser unverrückbaren Konsequenz grundsätzlich durchaus Tribut zollen kann, macht dies das Drittwerk noch nicht zu einem besseren Album. Mehr denn je verschluckt sich die Band nämlich an ihren Ambitionen und krepiert als leidlich talentierte Epigonenband mit brauchbaren Visionen, entfremdet Black Metal als reine Projektionsfläche von Blastbeats, Hallgekreische und Tremologitarren. Starmourner erschlägt damit als immitierender Over the Top-Drahtseilakt, der sich mit der Brechstange aus dem Fenster lehnt und verkrampft nach der Decke streckt, die Grenzen eines Genres betont radikal auszuloten versucht, seine Puristen-Provokationen aber in einem regelrecht klischeehaften Middle of The Road-Sammelsurium aus uninspiriert aneinandergereihten Manierismen des Black Metal-Baukastens abarbeitet und schlichtweg nicht das Können auf kompositorischer Ebene zeigt, um seine Ideen in schlüssige Songs, geschweige denn ein stringentes Album umzumünzen.
Gerade auf die elaborierte Länge von 72 Minuten säuft das dilettantische Songwriting der Band in einer Melange aus Langeweile und repetitiv-prätentiöser Gleichförmigkeit ab, lässt entlang zahlreicher Selbstzitate (Thrones kopiert etwa den Gedankengang von Golden Number – und addiert ein unnötig aus dem Nichts kommendes Zirkus-Outro, das Ghost Bath einmal mehr als wahllos aneinanderklebende Cut and Past-Pfuscher entlarvt) und Déjà-vus (Cherubim klaut sich seine Melodie praktisch unter dem Weihnachtsbaum) irgendwann auf Durchzug schalten – die an sich feinen instrumentalen Ambientparts (etwa im melancholischen Klavierkleinod Astral oder dem flimerndem Appendix von Etheral) verkommen in dieser erschlagenden Masse zur deliriant-nebensächlichen Fata Morgana.
Symptomatisch für Starmourner. Wo auch die happy cleanen Gitarrenparts es nämlich grundsätzlich sehr wohl verstünden neugierig zu machen, indem Ghost Bath sie faszinierend unkonventionell irgendwo inmitten des epischen Pathos anachronistischer Hairmetal-Ergüsse und einer bubblegumartigen Poppunk-Eingängigkeit aufplustern, demaskieren sich die Melodiefiguren nur zu rasch als ziellos im Raum umhereiernde Skizzen; Als unmittelbar übersättigender Zuckerguss ohne auflösenden Mehrwert, der in der zu sehr auf Perfektionismus getrimmten Hochglanz-Optik der Produktion sogar einen latenten Steroide-Touch bekommt.
Daher die Band selbst offensichtlich nicht weiß, was sie mit der entworfenen Hymnenhaftigkeit anfangen soll, spulen Ghost Bath leere Kilometer ab, in denen die optimistisch und euphorisch aufgehenden Melodiebögen zur inhaltslosen Pose verkommen. Das ist, als würde man sich labyrinthisch in gerade ausgelegte Schläuchen verirren; Als würde man eine vielversprechende Kurzgeschichte zu einer effektbeladenen Blockbuster-Trilogie aufblasen; Als hätten Shoegaze/Postrock/Pop-Songfragmente partout in ein Black Metal-Gewand gesteckt werden müssen, ohne, dass diesen das Outfit tatsächlich steht. Ghost Bath lassen ihre Songs insofern nicht organisch wachsen, sondern designen sie ohne Herzblut.
Wo Starmourner durch generische Malen nach Zahlen-Prinzipien so in eine enervierend strukturelle Vorhersehbarkeit und Unkreativität kippt, hätte die Platte aus instrumentaler Sicht dennoch funktionieren können – wäre sie auf mindestens die Hälfte ihrer vor unnötigem Ballast ächzenden Statur entschlackt worden, damit das tatsächlich vorhandene Potential nicht derart frustrierend als überhöhtes Täuschungsmanöver vor immer neue Enttäuschungen stellen würde.
Selbst dann hätte die Platte ihren größter Schwachpunkt weiterhin ertragen müssen – Frontmann Mikula selbst. Dessen absurd hyperventilierende Vocals kaufen dem zumindest phasenweise dann doch stimmungsvollen Genre-Bildern vollends den Schneid ab, geben Ghost Bath der Lächerlichkeit preis und attackieren vor allem die Nerven. Das über weite Strecken augenscheinlich vollkommen sinnlose Gekreische passiert hier letztendlich schließlich um des Effektes Willen, die mutmaßlich vorhandene Texte werden ausnahmslos auf langgezogenen Vokale reduziert. Dazu intoniert von einer Stimme, die die psychotische Bedrohlichkeit von Kollegen in eine absurdes Overacting übersteuert. Jedwede Gefühle – von der Verzweiflung bis zur Aggressivität – werden da zu bloßen Gesten, nachgeäfften Konturen ohne dahinterliegende Substanz.
Es liegt also nicht an den Ursprüngen der Band, dass Ghost Bath sich mit Starmourner gefühltermaßen endgültig zur Karikatur eines Genres stilisieren – sondern rein an der aufgefahrenen Musik selbst. Als Genre-Persiflage funktioniert das Dritwerk der polarisierenden Band dann jedoch mit einer fast schon auslaugenden Kompromisslosigkeit – einem Scherz gleich, der nicht und nicht zu seiner Pointe finden will und gerade auch deswegen erfolgreich an der Nase herumführt.
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