Future Islands – The Far Field
Samuel T. Herring und Co. tanzen mit The Far Field mittlerweile auf Autopilot geschalten durch ihren infektiös Synthie-Wave-Indierock. Was nur zu leicht auch als Vorwurf verstanden werden kann, verhilft Future Islands tatsächlich zu ihrem bisher kohärentesten Album.
Die große Achillesferse des Vorgängers Singles war paradoxerweise gerade seine eröffnende Sternstunde: Mit der Killer-Vorabsingle Seasons (Waitng on You) konnte im weiteren Verlauf trotz einiger Ohrwürmer praktisch nichts mithalten. Was – natürlich eine Frage der Relation – das gute vierte Future Islands-Album rasch zu einer abwechslungsreichen und kurzweiligen, aber doch auch irgendwie enttäuschenden Angelegenheit ausnüchtern ließ.
Folgende mediale Begeisterungsstürme hin oder her, den selben Fehler wiederholt das nominelle Trio aus Greenville nun vorsichtshalber nicht noch einmal – sondern stellt das Songwriting auf eine ausgewogenere Basis, das weniger eklatante Ausbrüche (geschweige denn Exzesse wie Fall from Grace) nach oben erzwingt, seinen Dienst dafür mit einem angehobenen Grundlevel routiniert versieht.
Keiner der genormten Song auf The Far Field erreicht restlos die unbedingt mitreißende Hit-Kraft von Seasons (Waitng on You), doch nahezu jeder (vor allem in der starken ersten Hälfte) bietet sich als potente Single an und hat eine gewisse Gleichförmigkeit entlang der seit 2008 exerzieren Erfolgsformel verinnerlicht: Der Bass und das Schlagzeug treiben unermüdlich joggend auf die Disco-Tanzfläche, die Synthies schieben gallig funkelnd und sind für sich genommen wenig spektakuläre Plattform für die spektakuläre Inbrunst des geborenen Frontmannes Herring.
In Summe bleibt damit alleine stilistisch alles beim Alten und Future Islands eine Band, die den vorzeigbaren Song vor den Albumfluss stellt. Dennoch gehört ein Mehr an Konsistenz zu dem subjektiven Optimierungspotential, das The Far Field als klassische (also auch polarisierende) Platte nach dem Durchbruch mit noch massentauglicheren Schemen abruft.
Wo Produzent John Congleton den Amerikanern eine Gefallen getan hat, indem er den Sound von Future Islands wuchtiger und massiver als bisher ausrichtet (wobei natürlich auch der Fakt eine Rolle spielt, dass Tourdrummer Michael Lowry erstmals mit ins Studio durfte), zündet der bekannte Modus Operandi der Kombo auf Sicht (bis zum beliebig abfallenden Schlußpunkt Black Rose) um das Quäntchen zwingender als bisher. Das Gespür für packende Melodien wirkt vielleicht nicht unbedingt kreativer, aber kraftvoller und selbstbewusster – agiert so ausgewogener im Dialog mit der weiterhin so wunderbar unbedingt auftretenden, alles dringliche Charisma in die Waagschale werfenden Stimme von Herring.
Freilich bleiben da alte Probleme. Future Islands zünden ihre effektiv frontal arbeitenden Genresongs im Grunde immer noch leicht durchschaubar und erschöpfen jede oberflächliche Entwicklung schnell, weil sie ihre Kompositionen nicht auf Songwriter-Ebene steigern, sondern nur durch produktionstechnische Schübe. Tempo und Dynamik bleiben da vor allem am Stück gehört gleichförmig, spielen der Halbwertszeit kaum in die Karten, wenn sogar einem griffigen Hit wie Time On Her Side bei aktiver Aufmerksamkeit über dreieinhalb Minuten nur die Stringenz hilft.
Dass Future Islands damit 2017 nach vier Alben ohne stilistische Nachjustierung mittlerweile phasenweise wie ihr eigene Coverband klingen, spielt in den stärksten Momenten von The Far Field jedoch dennoch kaum eine gravierende eine Rolle, wenn da all diese infektiösen Hooks zünden und zünden und zünden.
„I’ve broken many promises/ But this one I would die to keep/ When I said I’d be there tomorrow/ Beside you as you sleep/…/I couldn’t bare to spend—another day without you/…/Fire and chains can’t keep me away/ From you“ nölt Reibeisenstimme Herring etwa so emotional im vergleichsweise verspielten North Star, presst gleich darauf gallig und jubiliert zur großen Geste. Himmelhoch euphorisch jauchzend und zu Tode melancholisch betrübt sind hier nur eine exaltierten Tanzmove voneinander entfernt, die Kraft der Liebe ist der Katalysator, die Romantik funktioniert hier generell wellenförmig.
Songs wie das mit Streichern eröffnende Aladdin, die potente Vorabnummer Ran, das energische Beauty of the Road oder Shadows (ein tolles Duett mit Debbie Harry) spielen ihre Trümpfe ohne große kreativen Wagnisse aus und gehören trotzdem (oder gerade deswegen) zum mitunter besten, was die Band bisher veröffentlicht hat. Der Rest? Gibt sich in Ancient Water ausnahmsweise etwas gemütlicher oder flirtet in Candles gar mit dubbigen Gefilden, variiert sein monotones Programm ansonsten aber niemals. Tut also nicht weh und sprintet dank Herring im gehobenen Genre-Rausch gut durch. Ein gewisses Übersättigungsgefühl schleicht sich dabei dennoch mit geduldiger Ausdauer an.
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