Depeche Mode – Delta Machine

von am 27. März 2013 in Album

Depeche Mode – Delta Machine

Delta Machine‚ ist eine weitestgehend inspirationslose Nummer Sicher-Angelegenheit geworden, ein halbseidener Vorwand um wieder einmal die alten Hits in ausverkaufte Arenen bringen zu können und ziemlich sicher sogar das zweitschwächste Depeche Mode-Album der Post-Post Alan Wilder-Phase. Einzig: nicht nur nach dem Totalausfall ‚Sounds of the Universe‚ weiß man das dreizehnte Album der Engländer trotzdem zu schätzen.

Die wummernden Bässe und akribisch schiebenden Effekte des im Refrain pathetisch anschwellenden ‚Welcome to My World‚ hat der wie immer bis ins Detail auf Arrangements und blinkenden Knöpfe achtende Kapitän Martin L. Gore aus seiner Spezialisten-Nebenbaustelle VCMG mitgebracht, der affektiert-funktionierende Zukunfts-Blues in ‚Slow‚ deutet noch auf Dave Gahans pathosgeschwängerten Ausflug mit den Soulsavers hin (obwohl von Gore geschrieben) und wo der genaue Input von Martin Fletcher liegt, kann und will auch ‚Delta Machine‚ nicht klären. Es gibt dafür die obligatorische Gore-Gesangsnummer (‚The Child Inside‚) und die mittlerweile nahezu unmerklich im Gesamtfluss bestehenden drei (diesmal vergleichsweise schwachen) Gahan-Kompositionen sowie die Interaktion zwischen den beiden Reibungspolen in Form zahlreicher Duette. Die großen Synthiepop-Pioniere Depeche Mode haben so wieder eine durchwegs souveräne Depeche Mode-Platte gemacht, eine, die sich nie aus der erarbeiteten Komfortzone aus flächigen Keyboardwällen, schraubenden Knarzgeräuschen und rockigen Rhythmen bewegen will.

Man kann ‚Delta Machine‚ dabei vieles vorwerfen: etwa, dass Gahan nicht nur in der pathetisch rudernden Vorabballade ‚Heaven‚ geradezu angestrengt den lasziven Edelrocker in viele Songs hämmert; dass das kajalgespickte Gegreine von Gore dahinter oftmals übers Ziel hinaus schießt (warum nur muß man immer wieder an die letzten System of a Down-Platten denken?) und die Texte stereotyper nicht sein könnten („suffer„, „soul„, „joy“ – das übliche eben); dass sich Depeche Mode bisslos und ohne Mut an ihr Stammpublikum anbiedern und dies zudem über eine zu lange Spielzeit tun; dass Songs wie das ultra-minimalistische ‚My Little UniverseThom Yorke-Projekten hinterherhecheln und vor allem natürlich dass der Band im dreiunddreißigsten Jahr ihres Bestehens endgültig die wirklich großen Melodien, die absolut unsterblichen Momente ausgegangen sind. Kaum ein Refrain kann einhalten, was selbst die vielversprechendsten Strophen aufbauen.
Schon alleine mit einer Vollkatastrophe wie ‚Sounds of the Universe‚ im Rückspiegel erscheint all dies aber weitestgehend nichtig – der dezente, aber markante, Formanstieg besänftigt langjährige Fanherzen dazu ohne zu Begeisterungsstürmen hinreißen zu müssen.

Auch ohne Pionierabsichten und der bequemen Verwaltung eigener Trademarks machen Depeche Mode diesmal eben nicht alles belanglos und restlos falsch, sondern schlendern durchaus souverän durch dreizehn mehr oder weniger solide Vertreter aus ihrem (ehemaligen) Hoheitsgebiet. Auch auf Autopilot sind Depeche Mode nun einmal besser, als das Gros der Szene.
Delta Machine‚ plätschert insofern selbst mit hämmernden Beats reibungslos durch den Hintergrund, hat mit dem aggressiv rockenden Highlight ‚Angel‚ oder dem gefälligen Elektro-Popper ‚Broken‚ sogar den einen oder anderen ambitionierten Ausbrecher in den Reihen, ein mindestens solides Songwriting liefert über weite Strecken der Platte ab.
Das fragil-zerbrechliche Flair alter Großtaten findet sich dabei zwar nur noch im Detail der wuchtigen Produktion, man kann ‚Delta Machine‚ trotzdem genießen können. Von der bis inklusive ‚Playing The Angel‚ (dem Beginn der nun abgeschlossenen Ben Hillier-Trilogie) erstaunlich konstanten Qualitätsphase nach dem Weggang von Alan Wilder ist man inzwischen jedoch deutlich abgerückt, einen Großteil der bindenden Faszination zieht ‚Delta Machine‚ aus der lange aufgebauten Vertrautheit, einer nostalgischen Abhängigkeit der Band gegenüber.  Die Frage, warum Depeche Mode sich selbst und Ihren Fans neue Platten antut – sie stellt sich im Gegensatz zu vor knapp vier Jahren diesmal nicht. Wirklich notwendiger lässt dies den potentiellen Grower ‚Delta Machine‚ allerdings zumindest vorerst noch nicht erscheinen.

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