Crippled Black Phoenix – Bronze

von am 8. November 2016 in Album

Crippled Black Phoenix – Bronze

Nicht nur das Matthew Dunn-Cover-Artwork macht nach all seinen plakativen Arbeiten etwas her: Justin Greaves und Crippled Black Phoenix gehen merklich gestärkt aus den Querelen der letzten Jahre hervor und erarbeiten sich mit Bronze die dem Titel entsprechende Medaille in der bandeigenen Alben-Discografie.

Bereits der letztjährige Seasons of Mist-Einstand New Dark Age hatte ja nahegelegt, dass Crippled Black Phoenix sich mit dem Abgang von Troublemaker Karl Demata offenbar gesundamputiert haben. Zumindest scheint die Band um Justin Greaves rund um den Ausstieg des Gitarristen jedenfalls näher zusammengerückt zu sein: Crippled Black Phoenix klingen plötzlich wieder stärker in die Vollen gehend, haben ihren Endzeitballaden einen neuen Hunger einverleibt, der vielleicht nicht unbedingt inspirierter funktioniert als das eklektische Déjà-vu-Album White Light Generator (gerade wenn Greaves manche Songpassagen etwas zu plötzlich in seine melancholisch treibende, im Grunde ja wunderbaren Pink Floyd-Verehrung kippen und die Gitarren mit sehnsüchtiger Ambient-Elegie dahinlaufen lässt), dafür aber in einem nahtlosen Gesamtfluss wieder deutlich ambitionierter, initiativer und majestätischer aufgehen, als alles seit inklusive (Mankind) The Crafty Ape.

Greaves zieht dafür den Härtegrad subtil, aber doch merklich an: Nachdem Dead Imperial Bastard die Band mit seinen Synthieflächen nahe an die 80er und Zukunftsvisionen ala Blade Runner gebracht hat, steigt Deviant Burial mit einem mächtigen Doom-Riff aus der Gruft empor, während die Rhythmusabteilung über der tollen Produktion fast punkig nach vorne presst und sich ein Wechselbalg aus energetischer Entladung und sinnierendem Durchatmen entspinnt; No Fun übernimmt danach als ein giftig auf seine finstere Gitarrenarbeit gebautes Dystopie-Rockmonstrum, das seine Präsenz zentnerschwer und dich anrührt, verführerisch groovt und plötzlich eine Woge des melodiösen Wohlklangs auspackt, nur um diesen mit kompromissloser Härte unmittelbar fortzuspühlen.
Das Joe Walsh-Cover Turn to Stone klingt mit dem Gastgesang von Arvid Jonsson von Greenleaf dann beinahe, als wäre Ozzy in eine schwerfällige Rockoper mit exaltiertem Jamcharakter verpflanzt worden, bevor das zweiteilige Champions of Disturbance im ersten Part unablässig Spannungen aufbaut, um diese danach in einem Mittelding aus entspanntem Hardrock und Psychedelik-Würgegriff zu entladen, bei dem das Piano mit dem exaltierten Gitarrensolo um die Wette klimpert und Daniel Änghedes Stimme vom mächtigen Sound in aller Dringlichkeit förmlich mitgerissen zu werden scheint.

Überhaupt kommt die Entscheidung von Greaves, seine Band einer härteren Gangart zuzuwenden, vor allem dem schwedischen Sänger enorm entgegen: Änghede ist mit dieser leicht phasenverschobenen Kurskorrektur ein für alle Mal im Bandkontext angekommen: Mit dem Mehr an Druck, Ruppigkeit und Biss harmoniert seine Stimme merklich stärker, sie funktioniert in den rockigeren Passagen schlichtweg am besten  – auch, weil sie den ewigen Volk-Vergleich hier mehr als nur standhält mit.
Doch selbst in den ruhigeren Passagen liefert Änghede mittlerweile mühelos ab (obgleich hier dann doch einige Imitationsvorwürfe greifen). Was zählt ist allerdings, dass die Songs zünden. Und das tun etwa Rotten Memories (eine weihevolle-unwirkliche Ballade, die wie aus einem Nebelmeer emporzukriechen scheint, von der Gesamtbalance aber auch ideal auf Änghedes Stimmfarbe abgestimmt ist) oder Goodbye Then (als ätherisch pochendes Soundscape-Atmosphärelabyrinth) einfach wunderbar.
Der herausragendste Moment gehört dennoch Belinda Kordic, die Scared and Alone über seinen sakralen Minimalismus mit der intimen Anmut ihrer so fragilen und ausdrucksstarken Stimme emporhebt, bevor sich neben die sinister bratzende Sludge-Gitarre immer beharrlicher ein dichter werdendes Instrumentarium aufbaut – und die Magie der Crippled Black Phoenix-Veröffentlichungen von A Love of Shared Disasters bis zum Minialbum I, Vigilante schon beinahe wieder in greifbare Nähe rückt. Dass die Kombo um Greaves auch mit Bronze letztendlich im Schatten ihren Referenz- und Meisterwerke musiziert, kann man angesichts der stark nach oben zeigenden Formkurve, dem Leistungsanstieg im homogenen Gesamtfeeling und beim Songwriting endlich geflissentlich ignorieren. Da stört es in Summe dann auch fast nicht, dass Bronze sich mit dem erst spät dämonische Spannungen aufbauenden, hinten raus auftrumpfenden Winning a Losing Battle sowie dem zu eklektisch nach Standard-Mustern arbeitenden, eigentlich herrlich räudigen Fanfaren-Schlusspunkt We Are The Darkeners ein klein wenig zu sehr auf Nummer Sicher gehend verabschiedet.

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