Clap Your Hands Say Yeah – The Tourist
Auch zwölf Jahre nach dem weiterhin seinen Schatten werfenden Debütalbum lässt sich Alec Ounsworth nicht unterkriegen und manövriert seine – dank Bassist/Produzent Matt Wong zumindest auf dem Papier immer noch als eine solche durchgehende – Band Clap Your Hands Say Yeah auf The Tourist wieder zurück in weniger elektronische Gefilde als zuletzt. Und damit auch näher hin zu alten Stärken.
Album Nummer 5 fügt sich symptomatisch in die Veröffentlichungsgeschichte von Clap Your Hands Say Yeah ein. Denn um es gleich vorauszuschicken: Wie schon für das angenehm unkonventionell experimentierende Some Loud Thunder, das zugänglich-entgegenkommende/langweilende Hysterical oder das so unentschlossen zwischen Highlights und Ausschussware pendelnde Only Run ist das eigentliche Problem von The Tourist nicht ausschließlich das seinem Hype erstaunlich standgehalten, die Standards für Alec Ounsworth’s weitere Karriere aber doch zu hoch angesetzt habende, [amazon_link id=“B000C5RSAS“ target=“_blank“ ]selbstbetitelte Debütalbum[/amazon_link] von Clap Your Hands Say Yeah, an dem sich jede seit damals erschienene Platte messen lassen muss.
Es ist viel eher die Tatsache, dass es Ounsworth seit dem Erstling von 2015 auf Albumlänge nur noch schafft, weitestgehend gefälliges Material zu schreiben, das selbst in den wenigen tatsächlich herausragenden Momenten kaum nachhaltig zu euphorisieren weiß. Weil sich jede grundsätzlich tolle Melodie eher für die Beliebigkeit entscheidet, als dringlich im Sturm zu nehmen. Die wenigen Hits wiegen all die Füller nicht auf. Das Mittelmaß dominiert die wenigen wirklich starke Ideen. Und wo nun auch The Tourist den Faden aufgreift – Die vorhandenen PS können niemals restlos konsequent auf den Boden gebracht werden.
Die Geschichte von Clap Your Hands Say Yeah ist insofern seit annähernd einem Jahrzehnt auch eine Lehrstunde hinsichtlich eines permanenten Scheiterns trotz vielversprechender Ansätze, des liegen gelassenen Potentials und der netten Beiläufigkeit – aber auch des Durchhaltens, einer charismatischen Zuversicht und einer gewissen Souveränität.
Vor jeder neuen (guten, aber nicht restlos überzeugenden) Platte aus dem Hause Ounsworth steht eine verhalten optimistische Egalität, da niemals eine tatsächlich enttäuschende Frustration als langfristiger Beigeschmack anhält. Man hört vor allem das eigenwillige Organ des 39 Jährigen schlichtweg doch immer wieder zu gerne inmitten eines offenbar unzerstörbar nostalgisch angehauchten grundsätzlichen Wohlwollens, in dem weiterhin schlimmstenfalls durchwegs soliden Songwriting, das inszenatorisch bei jedem Neustart ein wenig anders gelagert wird. Weniger universell auf die Discografie bezogen bedeutet dies nun: Clap Your Hands Say Yeah machen auch 2017 mit einer gewissen Zuverlässigkeit weiter, justieren allerdings für The Tourist ihr Auftreten abermals ein wenig nach.
Anstelle der auf Only Run so populären Synthies und Elektronik ist The Tourist nun geprägt von nach vorne gehenden Akustikgitarren und einer zurückgelehnteren Stimmung, einem sparsameren und weniger dicht zugestellten Klangbild. Eine gute Entscheidung: Ounsworth treibt seine Songs durch eine fast schon entschlackte Atmosphäre, diktiert mit seine Stimme die Instrumentation und wirft nicht gänzlich ohne Grund Kaliber wie Paul Simon und Elvis Costello als Idole für den generellen Sound der Platte in den Dave Fridman-Mix.
Das mündet gleich im Opener The Pilot in einer beschwingten Aufbruchstimmung. Der markante Bass, auch die zurückhaltendere Gitarre und das akzentuierte Schlagzeug arbeiten sauber und hinter der nur selten leierenden Stimme von Ounsworth. Und doch: Vieles schimmert, vor allem die dezenten Keyboardflächen und der wattierten Chöre. Auch wenn der Song für sich alleine stehend unbefriedigend (weil ohne konkretes Ziel) entlässt, gibt er damit die Ausrichtung vor und führt direkt hinein in das folgende A Chance to Cure. Erst über ein behutsames Noise-Intermezzo findet die Kombo da zur typischen Eingängigkeit, wirkt aber vom ersten Moment soviel aufgeräumter und ökonomischer aufgestellt, bedient fast schon schüchtern einige Trademark-Stärken. Auch wenn die Komposition an sich abermals den unfertigen Eindruck eines größeren Ganzen hinterlässt – Clap Your Hands Say Yeah scheinen ihrem Licht am Ende des Tunnels zuzutreiben.
An diesem wird The Tourist zwar letztendlich vorbeischrammen, die Richtung stimmt qallerdings weitestgehend. Das Fünftwerk braucht einige Zeit, in der die Platte angenehm vorbeiplätschert, bevor sich eine Stafette an catchy Szenen festsetzt – ein zu detailierter Blick enthypnotisiert die Eingängigkeit der Platte allerdings ohnedies nur. Down (Is Where I Want to Be) stampft etwa über einer sorgsamen Atmosphärearbeit zu einem an sich losgelöst die Spannungen explodieren lassenden Finale, das sich doch eher für den dümpelnden Coitus Interruptus entscheidet. Auch Unfolding Above Celibate Moon (Los Angeles Nursery Rhyme) basiert auf einer relativ simplen Grundidee, bevor eine Dylan-Mundharmonika und Minimal-Solo einen kompakten Climax herbeischwindeln. Das so ermüdent unverbindliche Better Off korrigiert seinen Kurs hinten raus dramatisch polternd und das folkige Loose Ends verlässt sich als Skizze gar ohnedies rein auf sein Ambiente.
Wo Ounsworth mit seiner Stimme und einem untrüglichen Händchen für offensichtliche Melodien an der Stange hält, zeigt sich irgendwann doch, dass die versammelten 38 Minuten eben nur an der Schwelle zu wirklich großartigen Songs agieren, sich aber alsbald ohne die nötigen Reibungspunkte zu verflüchtigen beginnen – Ounsworth bräuchte einfach einen herausfordernden Konterpart im Songwriting, um das unbedingte Element erzwingen zu können.
Nachzuhören auch, wenn ausgerechnet das unentschlossene Fireproof ohne jedwede Orientierung mäandert, oder das folgende The Vanity of Trying sich mit der Ambition zur großen Geste begnügt. Das ambivalent-reizvolle The Tourist schafft es nur selten, wirklich zwingend zu werden, und höchstens Ausnahmen wie das schmissige Glanzlicht Ambulance Chaser dürften auf Sicht öfter besucht werden. Die griffigen Zuspitzungen demaskieren sich als Alibiaktionen, Clap Your Hands Say Yeah haben ihre Nische in der sympathischen Hintergrundmusik gefunden.
Da bleibt schlichtweg alles (ohne einen tatsächlich enervierenden Ausfall zu produzieren) in seiner Wohlfühlzone streunend und ohne den erforderlichen Mut zur Risiko-Zäsur gefühltermaßen hinter seinen Möglichkeiten, eine qualitative Kurskorrektur findet in Summe dennoch in Nuancen statt. Im Kollektiv ist das Ergebnis stimmig, und am Ende steht das unumständlich ins Ohr (und alsbald wieder hinaus) gehende The Tourist mit einem feinen Gesamtfluss und dank seiner stilistisch schicker zur Band passenden Orientierung zudem in einem dezent besseren, wärmeren Licht da, als zumindest der direkte Vorgänger.
Die Ausgangssituation für das nächste Comeback bleibt damit unter dem Strich allerdings die selbe wie bisher: The Tourist holt sich im internen Ranking eventuell gar den Bronze-Platz und ist eine rundum nette Platte mit zahlreichen Lichtblicken geworden, anhand derer Clap Your hands Say Yeah neuerlich keinen schlechten Eindruck hinterlassen, aber nichtsdestotrotz schneller wieder vom Radar verschwinden dürften, als es notwendig gewesen wäre. Sobald Album Nummer 6 in den Startlöchern steht, wird dieses insofern war dennoch eine neugierige Vorfreude hervorrufen. Schade irgendwie trotzdem, dass man sich mittlerweile mit diesem eigentlich so enttäuschenden Umstand so zufrieden abgefunden hat.
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