Bruce Soord – Bruce Soord
Bruce Soord ist neben zahlreichen anderen Projekten vor allem der Kopf von The Pineapple Thief, aber The Pineapple Thief ist nicht nur Bruce Soord. Und dann eben wiederum auch ein bisschen genau umgekehrt. Macht das Sinn?
Nun, zumindest während des ambivalent bleibenden, selbstbetitelten Werkes tut es dies zumindest. Nutzt Bruce Soord doch abseits all der zwangsläufig bleibenden Trademarks, die er selbst als Bandkopf den The Pinneapple Thief-Alben indoktriniert, sein Solodebüt (angesichts all der Projekte mit Wisdom of Crowds oder Katatonia firmierte da unglaublicherweise bisher tatsächlich keine Veröffentlichung als solches) für reduzierte, sparsam und minimalistisch agierende Innenansichten, akustisch beruhigte Instrumentierungen und viel Raum um mit einer trauumwandelnd weichen, ätherisch gehauchten Stimme zwischen Melancholie und Nostalgie zu schweben.
Was dann wie im Eröffnungdoppel aus der dösenden Pianoballade ‚Black Smoke‚ und dem (für seine spärlichen Ideen zu lange ausgebreiteten) Acoustic-Weichzeichner ‚Burried Here‘ in absolut angenehm ausgebreiteten Kerzenlichtnummern mündet, einnehmend und umgarnend, stimmungstechnisch dazu exakt in der Tradition platziert, die zeitgenössische englische Progger wie Steven Wilson oder Amplifier’s Sel Balamir anschlagen, wenn sie es ruhiger und intimer angehen. Nicht die schlechtesten Referenzen, auch wenn dies hier oft auch zu einer mäandernden Gratwanderung zu verkommen droht: Soord lässt sein Songwriting beizeiten gar zu gefällig in die Beliebigkeit plätschern, lässt Erinnerungen vor dem inneren Auge verschwimmen und umspült mit einer nicht greifbar werdenden Faszination, kommt dafür jedoch nur selten zum Punkt und verliert sich lieber in der lauschigen Lieblichkeit.
Sofern man sich mit geschlossenen Augen in die 10 Songs fallen und ein-lässt, entfaltet diese Gangart ihre Magie eher, als wenn sie konzentriert konsumiert wird. Genau dies macht ‚Bruce Soord‚ von Beginn an zu einer betörenden Entkoppelung des Alltags, denn anmutige Melodien schreiben kann Soord natürlich. Doch am besten ist er offenbar tatsächlich, wenn er mit dem Input anderer Künstler interagiert. Der Engländer braucht offenbar Gegenpole oder zumindest Musiker, die seinen Kompositionen eine größere Perspektive eröffnen. Nicht umsonst hat ‚Bruce Soord‚ seine stärksten Momente, wenn das Reverb-Doppel aus ‚Field Day [Part 1]‚ und ‚Field Day [Part 2]‚ sich an einem zwingenderen Rock-Kontext seiner Stammband orientiert oder ‚Familiar Patterns‘ eine betörende Classic-Rock-Mystik im Sinne von Pink Floyd beschwört, wie Soord da mit dem Multiinstrumentalisten Darran Charles mit fein texturierten Synthieteppichen und schwülstigen Gitarrennebeln spielen.
Dass mit der Unterstützung des Godsticks-Kumpels einer an sich fahrigen Perle wie ‚A Thousand Daggers‚ mit seinem jazzigen Saxofon und leiser Percussion zudem schöne Facetten hinzugefügt werden, verdichtet die wohlige Atmosphäre der Platte – und damit ihre eigentliche Stärke: man kehrt immer wieder zu diesem frei schwebendem Album zurück, um in seine anachronistische Eleganz einzutauchen – bewahrt aber nicht vor vielen kleinen ärgerlichen Details, die ‚Bruce Soord‚ letztendlich nicht das volle Potential aus dem Tiefgang schöpfen lassen: etwa der funky aufspielender Elektronikpop von ‚The Odds‚, bei dem man an das letzte Dredg-Album denken muss; die tollen, dramatischesn Bläserarrangement, die das erhabene ‚Willow Tree‚ mit drückendem Rhythmus hinten raus begleiten, aber nicht wirklich zur Geltung kommen, weil das soundtechnisch so dünn klingt, als wäre das alles an einem billigen Keyboard produziert worden; die dezenten Mandolinen in ‚Born in Delusion‚ sind ebenfalls eine gute Idee, das 0815-Effektpluckern hingegen weniger – weil es sich wie so vieles auf diesem Solodebüt unausgereift wirkt.
Soord erzählt in Interviews, dass er seiner Plattenfirma dieses Soloalbum zugesagt hat, bevor er eigentlich genug Songs fertig hatte. Das hört man leider stellenweise, wenn sich absolute Highlights neben nur solide Nummern reihen. Weil erstere schwerer wiegen als letztere, funktioniert das als Abspannmusik durch Soord’s ganz persönlichen Rückblendenfilm dennoch wunderbar und bezaubernd, selbst wenn die kurzweiligen 41 Minuten damit phasenweise nur an der Oberfläche streichelnd berühren.
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