Black Rebel Motorcycle Club – Wrong Creatures

von am 16. Januar 2018 in Album

Black Rebel Motorcycle Club – Wrong Creatures

Specter at the Feast war vor fünf Jahren vor allem ein Tribut: An Rovert Levon Beens verstorbenen Vater Robert, aber auch an eine etwas zu routiniert gewordene Zuverlässigkeit und gestiegene Verdaulichkeit des Black Rebel Motorcycle Club. Wrong Creatures setzt nun mehr oder minder ansatzlos bei exakt diesem Punkt an, versucht gewissermaßen jedoch weniger nach hinten, als nach vorne zu blicken.

Wobei diese Orientierung für einen derart retrogeprägten Kombo freilich relativ zu verstehen ist. Schließlich ortet die nach einer Chiara-Malformation-Operation wieder genesene und mittlerweile offenbar zum Sprachrohr des Clubs mutierte, aber ihr limitiert-archaisches Spiel vor allem zweckmäßig einsetzende Drummerin Leah Shapiro als primäre Färbungen des archetypischen BRMC-Sounds Legenden wie Leonard Cohen oder Nick Cave als starke Einflüsse auf das erste Studioalbum der Band, nach der krankheitsbedingten langen Auszeit.
Mit diesem Album wollten wir etwas erkunden, das außerhalb unserer Erfahrungen liegt. Es sind die Songs, die manchmal einfach nicht auf ihren dazugehörigen Platten sein mochten“ gibt das Trio für sein achtes Werk weitschweifend zu Protokoll – letztendlich ist freilich alles halb so wild.

Wrong Creatures fügt sich stilistisch nahtlos in den sinister funkelnden Kanon des BRMC-Ambientes ein, behält den seit 2001 immer wieder leicht variierten klassisch sinistren Look, die Attitüde und Haltung, destilliert aber die zuletzt immer stärker forcierte Zuneigung der Kalifornier nach atmosphärischer Tiefe jenseits der breitbeinigen Kompaktheit.
Dann funkelt etwa ein elegisches Haunt in kontemplativer Blues-Grandezza, unaufgeregt und still erhebend – später streichelt gar eine Twin Peaks’sche Ätherik die Sonne. Das gefühlvolle Echo lässt immer wieder eine beinahe posttockige Gitarre aus dem verrauchten Keller ins Freie flimmern, bleibt aber eine Ballade für die Momente vor dem Sonnenaufgang. Ninth Configuration wächst aus dem Drone-Bratzen zur wehmütigen Sehnsucht mit großem Radius. Question of Faith lässt sich mit leicht randalebereiten Gitarren durch seine halluzinogenes Halbdunkel treiben, bevor das psychedelische Calling them All Away sich in sein an das Debüt erinnerndes Charisma aufgeht und jedwede progressive Evolution mit weihevoller Texturiertheit aufwiegt.
Auch das Finale um ein wuchtig-weiches Carried from the Start sowie das mit großer Geste und feinen Streichern liebäugelnde Majestätikum All Rise mag dann kompositorisch und inszenatorisch leidlich kreativ konzipiert sein, zünden aber, indem sie sich vollends in ihrer Gangart verlieren.
Überhaupt keimt da angesichts dieser in sich ruhenden Getragenheit weiter Teile der Platte der heimlich verlockende Gedanke: Vielleicht stünde dem Trio mittlerweile ja sogar eine auf poppige Stadionübung ohne Bombast ganz gut, die nostalgische Sepia-Bedeutungsschwere im Gestus eines Honeymoon mit den Mitteln des Shoegaze übersetzt.

In all diese Szenen gelingen es dem Club schließlich mit ruhiger Intensität an den sphärischer veranlagten Gebieten ihres Songwritings zu glänzen: Am besten funktioniert Wrong Creatures (und die Band mittlerweile wohl generell) einfach, wenn sich die Platte in kreierte Stimmungsbilder legt, assoziative Gedanken schweifen lässt und ohne Zwang durch ihre „whiny ballads“ driftet.
Konzentriert sie sich hingegen auf die theoretischen Kernkompetenz des Trios – den impulsiven Rock – und versucht die Zügel enger zu ziehen, scheitert dies nicht nur an der viel zu sauber und brav veranlagten Produktion, die keine rohe Wildheit zulassen will, sondern auch an einem Grad der grundlegenden Inspiration, der eher nach solider Routinearbeit klingt und nur bedingt mitreißen will: Erzeugt der simplizistisch polternde Outlaw-Ankurbler Little Thing Gone Wild zwar beispielsweise durchaus eine markante Dringlichkeit, bleibt die Nummer gleichzeitig doch auch zu zahnlos und lässt hinter der oberflächlich zur Schau gestellten Ausgelassenheit jedwede Gefährlichkeit vermissen – man vermisst die Energie. Die eröffnende Standards Spook oder King of Bones halten vor dem starken Mittelteil von Wrong Creatures mit ihrem Maß an Inspiration gleich ohnedies Haus, sind eher solide Überzeugungstäter, als Brandstifter.
Gut also, dass in der allgemeinen (positiv wie negativ aufzufassenden) Zuverlässigkeitsklausel des Black Rebel Motorcycle Club auch steht, dass bisher noch jede Platte von Robert Levon Been und Peter Hayes mit der Zeit zusätzlich gewachsen ist, und einen spätestens über die famose Live-Präsenz der Band bekommen hat.
Ob dort etwas diffus wirkende, weil so demonstrativ aus einem wieder unrund wirkenden Albumfluss fallende Überraschungen wie die an der Tom Wait’schen Zirkusleierorgel geschulte Skurrilitäte Circus Bazooko reibungslos überzeugen werden, bleibt vorerst offen. Dass man dem Black Rebel Motorcycle Club auch ohne neuerlich entfachte Euphorie die Treue halten wird, bis sich etwaige neue Erkenntnisse im Vereinslokal der Lederjackenträger einstellen, ist allerdings klar.

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